Von Guido Berg: Der goldene Schnitt
Der Maler Olaf Thiede macht einen Architekturvorschlag für den Verbinder des Potsdam-Museums
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Innenstadt - Der Babelsberger Maler und Künstler Olaf Thiede hat einen eigenen Architektur-Entwurf für den Verbindungsbau zwischen Altem Rathaus und Knobelsdorffhaus vorgelegt. Er grenzt sich damit von den Vorstellungen des Architekten Reiner Becker ab, der mit dem Umbau des Gebäude-Ensembles zum neuen Hauptsitz des Potsdam-Museums beauftragt wurde. Während Becker für den so genannten Verbinder „eine moderne und sachliche Architektur“ vorschlägt, wie er gestern den PNN sagte, will der Maler das Satteldach des aus den 1960iger Jahren stammenden gegenwärtigen Verbinders erhalten und nach eigenem Bekunden mehr Rücksicht auf die beiden historischen Nachbarhäuser nehmen. In den Proportionen will er den „goldenen Schnitt“ wahren. Das bedeutet ein bestimmtes Verhältnis zweier Größen zueinander – im konkreten Fall der Dachflächen von Altem Rathaus und Verbinder. Sie sollten Thiede zufolge ein Größenverhältnis von zwei Drittel zu einem Drittel haben (siehe Grafik). Weiter spricht sich Thiede für einen festlichen Haupteingang für das künftige Potsdam-Museum aus, den er in Anlehnung an den Eingang zum Alten Rathaus mit einer halbrunden Treppe und einer Rampe für Behinderte ausstatten will. Architekt Becker plant dagegen einen ebenerdigen Haupteingang.
Thiede argumentiert gegen die „weißen Betonklötze“ der modernen Architektur, die in einer Krise stecke. Weiß sei „eine Baumarkt-Farbe“, mit der das Neue, das Sterile betont werde. Die moderne Architektur stelle „Klötze in die Landschaft, die mit den Nachbargebäuden nichts zu tun haben“. Thiede: „Sie bauen nur, was man stapeln kann.“ Viele Architekten würden heute nur im rechten Winkel denken und andere Formen, Rundbögen etwa, nicht zulassen, weil sie diese für kitschig hielten. Obwohl es gegenwärtig einen „Neobauhaus-Kult“ gebe, werde vergessen, dass die Bauhaus-Architekten auch mit Dreiecken und Kreisen arbeiteten. Die moderne Architektur nehme sich selbst zu wichtig und gehe mit dem Ellenbogen vor – „und dann wundert man sich, dass keine soziale Stimmung aufkommt“. Heute gelte die Devise „höher, schneller, weiter“, so der Maler. Sein Entwurf für den Verbinder berücksichtige die waagerechten Linien in der Architektur der Nachbargebäude, so dass das betrachtende Auge „nicht ständig springen muss“. Thiede verteidigte seinen Vorstoß, obwohl er nicht Architekt von Beruf ist: Es gehe um Ästhetik, um die Regeln von Rhythmen und Proportionen, die seit tausenden Jahren und für alle Künste gelten. Thiede erklärte, er werde in Kürze ein Buch mit dem Titel „Gesamtkunstwerk Potsdam“ herausbringen, in dem der märkische Landschaftsmaler die berühmten Potsdamer Sichtachsen und Proportionen thematisiert.
Der Architekt Reiner Becker hat indes Bedenken gegen einen Vergleich zwischen einem architektonischen Entwurf und dem Bild eines Künstlers angemeldet. Ein Architekt muss sich nicht nur auf ästhetische Dinge konzentrieren, sondern muss auch konstruktive und städtebauliche Belange beachten. Nach einer Überarbeitung seines Erstentwurfes ist sein Verbinder-Vorschlag im Kulturausschuss begrüßt worden.
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