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Von Michael Meyer: „Der Hammer kam bei Kilometer 45“

Trotzdem wurde Junior Christopher Linke bei seinem ersten 50-Kilometer-Gehen Deutscher Meister

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Eigentlich sind die 50 Kilometer noch gar nichts für ihn, trotzdem hat er sie gewagt. Christopher Linke ist erst 19 Jahre jung, und als frischgebackener Junior sind für den Geher des SC Potsdam die 20 Kilometer die Hauptstrecke. Trotzdem absolvierte Linke am vergangenen Wochenende bei den Deutschen Geher-Meisterschaften in Gleina bei Freyburg erstmals den langen Kanten – und holte sich den Titel in 4:03:59 Stunden (PNN berichteten). „Das war für ihn eine sehr gute Zeit“, sagt sein Trainer Ronald Weigel. „Damit können wir sehr zufrieden sein.“ Und auch Potsdams Leichtathletik-Cheftrainer Axel Richter lobt den neuen Titelträger: „Das könnte mal einer werden, zumal er auch technisch sehr sauber geht.“

Die Entscheidung für den 50-Kilometer-Start fiel recht spontan. Die deutschen Top-Geher um den Olympia-Zwölften André Höhne (Berlin) befinden sich nach einer langen Saison noch in der Regeneration, so dass die Konkurrenz über diese Distanz nicht übermäßig groß war. „Ich hatte mir die lange Strecke für den Fall vorgenommen, dass dort auch der Titel vergeben wird, dass also mindestens drei Geher am Start sind“, erzählte Linke. Letztlich bestritten vier Athleten die Konkurrenz, und der Potsdamer gewann mit über einer halben Stunde Vorsprung vor Michael Schneider (LAC Quelle Fürth/4:36:57) und Helmut Prieler (SpVgg Niederaichbach/ 4:40:35).

Vor dem vergangenen Samstag war Christopher Linke noch nie 50 Kilometer in einem Stück gegangen. „Meine längsten Strecken im Training waren bisher rund 35 Kilometer, deshalb wusste ich vorher auch gar nicht, ob ich die lange Strecke überhaupt durchhalten würde“, erzählte der Leichtathlet aus Werder (Havel), der bisher noch daheim bei seinen Eltern Karis und Olaf, Zwillingsbruder Norman und Schwester Isabel wohnt. „Erstaunlicherweise fielen mir die 35 Kilometer am Samstag leichter als vorher im Training“, erzählte der B-Kaderathlet. „Vielleicht war ich so gut drauf, weil ich in den letzten fünf Wochen sehr intensiv trainiert habe, etwa 150 Kilometer pro Woche.“ Im „Vorübergehen“ holte sich der Potsdamer in 2:49:06 Stunden den Deutschen Junioren-Meistertitel über die 35 Kilometer. „Auch danach klappte es erst einmal ganz gut. Der Hammer kam bei Kilometer 45, da wurden die Schmerzen plötzlich immer schlimmer, und drei Kilometer vor dem Ziel wollte ich schon aufhören. Ich dachte, ich schaffe den Rest nicht mehr. Dann aber habe ich mich wieder aus diesem Loch befreien können, und die letzten beiden Kilometer gingen wieder“, erinnert er sich. Hinterher sei er wie gerädert gewesen. „Die Nacht zum Sonntag war schlimm, und der Sonntag selbst auch noch. Aber am Montag war es wieder bessere, und jetzt habe ich schon wieder locker gejoggt. Das werde ich die nächsten Tage auch machen – bis ich nächste Woche runter nach Dillingen fahre.“

In Dillingen zwischen Ulm und Nürnberg wird Christopher Linke, der derzeit seine Ausbildung zum Speditions- und Logistik-Kaufmann bei den Potsdamer Stadtwerken beendet, am 1. Oktober seinen dreimonatigen Bundeswehr-Grundwehrdienst beginnen, um sich anschließend als Sportsoldat fast ganz dem Gehen widmen zu können. „Das wird mir sehr helfen“, glaubt der junge Mann, der als Potsdamer Sportschüler bis zur 9. Klasse Läufer war, ehe er unter Anleitung seiner Trainer Thomas Schelk und Olaf Möldner zum Geher wurde; 2006 kam er dann unter die Fittiche des Bundestrainers Ronald Weigel. Im vergangenen Jahr wurde er als A-Jugendlicher Sechster der U20- EM über 10 Kilometer sowie dreifacher Deutscher Meister über 5, 10 und 20 Kilometer, in diesem Jahr Deutscher Vizemeister der Männer über 10 000 Meter. Beim Weltcup im Mai im russischen Cheboksary landete der Junior über 20 Kilometer in einem starken Männer-Feld nach 1:27:49 Stunden auf Platz 70. Seine persönliche Bestzeit über 20 Kilometer steht seit April dieses Jahres bei 1:25:25; gegangen bei einem EAA-Meeting im tschechischen Podebrady.

„Damit ist Christopher nur noch drei Minuten von den 1:22:30 weg, die die Normzeit für die Weltmeisterschaften im nächsten Jahr in Berlin sind“, sagt Ronald Weigel. Hauptziel seines Schützlings 2009 seien die U23-Europameisterschaften Mitte Juli in Kaunas, „und über die WM wollen wir eigentlich noch nicht reden“. Insgeheim aber sieht das Duo eine kleine WM-Chance über 20 Kilometer für den Potsdamer. Der im nächsten Jahr bei den Deutschen Meisterschaften erneut die 50 Kilometer gehen will – dann als Titelverteidiger.

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