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Landeshauptstadt: „Der Knast war ganz schön hart!“

Angeklagter war als jugendlicher Intensivtäter bekannt

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Angeklagter war als jugendlicher Intensivtäter bekannt AUS DEM GERICHTSSAAL Von Gabriele Hohenstein Der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe sträuben sich die Haare, denkt sie an die wilde Zeit von Sebastian L. (20, Name geändert) zurück. Der Potsdamer galt als jugendlicher Intensivtäter, beschäftigte Polizei und Justiz beinahe am laufenden Band. Mit 14 Jahren – gerade strafmündig geworden – musste er sich erstmals wegen Diebstahls verantworten. Danach ging es Schlag auf Schlag. Immer wieder machte Sebastian lange Finger. Ein Jugendarrest von drei Wochen diente nicht wirklich als Warnschuss. Wenig später zog er mehrfach erneut los, um seine Bedürfnisse bargeldlos zu befriedigen. Erst zwei Monate „Knast“ – der Seriendieb musste wegen nicht bezahlter Geldstrafen eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen – brachten Sebastian offensichtlich zum Nachdenken. „Das war ganz schön hart“, murmelt der Arbeitslose auf der Anklagebank. „Da möchte ich wirklich nicht mehr hin.“ Die sechs jetzt verlesenen Anklagen fallen noch in die kriminelle Phase des jungen Mannes, unter die er nach eigenen Aussagen inzwischen einen Schlussstrich gezogen hat. So wurde er zwischen Januar 2001 und November 2002 u. a. beim Diebstahl elektrischer Geräte, eines Paars Kopfhörer, Spielzeugautos, Werkzeuge, eines Funkgeräts, PC-Zubehörs und Zigaretten erwischt. (Wie oft die Diebestouren zu seinen Gunsten ausgingen, steht in den Sternen.) „Was der Staatsanwalt gesagt hat, stimmt alles. Ich war damals obdachlos und hatte kein Geld“, berichtet der Neunklassen-Abgänger. Ein berufsvorbereitendes Jahr habe er abgebrochen, die Lehre ebenfalls „geschmissen“. Seit Mitte dieses Jahres sei aber alles anders, beteuert der noch sehr kindlich Wirkende. „Ich habe jetzt eine eigene Wohnung und bekomme Sozialhilfe.“ Da er inzwischen wieder Kontakt zu seinen Eltern aufgenommen habe, sei auch von dieser Seite Unterstützung zu erwarten. „Allerdings bin ich aus einer Maßnahme des Arbeitsamtes geflogen, weil ich ein paar Probleme hatte, früh aufzustehen“, räumt Sebastian selbstkritisch ein. Nun wolle er erst einmal seinen Grundwehrdienst bei der Bundeswehr ableisten. Der Staatsanwalt glaubt nicht so ganz an die Läuterung des Angeklagten. Er plädiert „wegen schädlicher Neigungen“ der noch ungefestigten Persönlichkeit auf eine Jugendstrafe von sechs Monaten, die jedoch zur Bewährung ausgesetzt werden könne. Ein Bewährungshelfer solle ihn auf seinem Weg in ein straffreies Leben begleiten. Zudem solle Sebastian L. eine Geldbuße von 100 Euro zahlen. Die Jugendrichterin urteilt wesentlich milder. „Der Angeklagte hat die Faktoren, die ursächlich für seine kriminelle Entwicklung waren, abgestellt“, betont sie. Es reiche daher, ihn zu verwarnen. Als spürbare Sanktion solle er 100 Stunden gemeinnützige Arbeit nach näherer Weisung der Jugendgerichtshilfe leisten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Gabriele Hohenstein

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