Landeshauptstadt: Der lange Weg zum Publikumsmagnet
Wieder einmal gibt es ein Konzept, um die Schiffbauergasse zu beleben – die Planer geben sich begeistert
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Jahrelang wurde die Schiffbauergasse als „integrierter Kultur- und Gewerbestandort“ beworben – nun soll sich das unter Besuchermangel und Tristesse leidende Areal als „internationales Kunstquartier und Publikumsmagnet“ profilieren. Diesen Plan stellte Kulturamtschefin Birgit-Katharine Seemann am Dienstagabend vor Journalisten vor.
Vorausgegangen war ein dreitägiges Treffen: Bei diesem saßen die Kulturschaffenden der Schiffbauergasse, die Stadtverwaltung sowie die kommunale Bauholding Pro Potsdam – die ab nächstem Jahr die Standortentwicklung managen soll – erstmals zusammen, um über die Zukunft des vielfach als totsaniert kritisierten Areals zu diskutieren.
In der Vergangenheit waren mehrere Anläufe zur Belebung des Areals gescheitert. Doch nun sei mit dem Begriff „internationales Kunstquartier“ erstmals eine gemeinsame Basis der Akteure vor Ort gefunden worden, die so vorher gefehlt habe, wie Seemann erklärte. Finanzielle Fragen habe man bei der Beratung zunächst ausgeklammert. Ganz praktisch solle kurzfristig, möglichst noch vor dem Winter, die Beleuchtung der Bauten in der Schiffbauergasse verbessert werden – denn selbst dafür fehlt Jahre nach der Sanierung des Areals noch ein Konzept. Auch im Rathaus gebe es künftig nur noch eine, im Kulturbereich angesiedelte Ansprechpartnerin für das Areal, hieß es.
Mit den Ergebnissen des Treffens solle nun eine noch zu besetzende Steuerungsgruppe arbeiten, unter anderem geht es um eine Beschlussvorlage für die Novembersitzung der Stadtverordneten zur Zukunft des Standorts. Pro-Potsdam-Chef Jörn-Michael Westphal sagte, seine Gesellschaft bereite sich bereits darauf vor, zum 1. Januar 2014 das bislang fehlende Standortmanagement zu übernehmen – dabei geht es einmal um die Vermarktung des Areals, aber auch um Hausmeisterleistungen. Für einige der Aufgaben werde sich die Pro Potsdam wohl externe Unterstützung holen müssen, so Westphal.
In den Umbau der einstigen Militär- und Gaswerkbrache am Tiefen See sind im vergangenen Jahrzehnt rund 100 Millionen Euro öffentliche Mittel geflossen. Doch es nützte wenig: Das Ziel von 500 000 Besuchern pro Jahr wurde trotz großer Kulturhäuser wie dem Hans Otto Theater oder dem Waschhaus nie erreicht, derzeit sind es etwa 350 000. Besonders tagsüber wirkt das weitläufige Areal wie ausgestorben. Verschiedene Anläufe, die Situation zu verbessern, scheiterten (siehe Kasten). Im Mai hatte Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) noch gesagt, zwischen der Pro Potsdam und den Kulturträgern vor Ort gäbe es „divergierende Auffassungen über die Ausgestaltung des Standortmanagements“. Daher sei das Treffen jetzt nötig geworden.
Baudezernent Matthias Klipp (Grüne) hatte noch in der vergangenen Woche angekündigt, mit einer neuen Studie im Auftrag der Pro Potsdam zu untersuchen, wie das Gelände zusätzlich bebaut werden kann, um es attraktiver zu machen. Um eine mögliche Wohnbebauung kann es in dieser Studie aber nicht mehr gehen: Seemann sagte, mit dem Begriff „Kunstquartier“ solle auch ausgeschlossen werden, dass das Areal einmal als Wohnstandort genutzt würde – eine Sorge, die die Kulturschaffenden vor Ort nach der Entscheidung zum Bau eines neben dem Hans Otto Theater gelegenen Boardinghauses, einer Art Langzeithotel, geäußert hatten. Wegen des Projekts hatten sich Klipp, der es verteidigte, und der Kulturbereich, der vor Lärmklagen von Bewohnern des Boardinghauses warnte, öffentlich gestritten.
Lob für die Ergebnisse des Workshops kam von Sabine Chwalisz, Chefin der Tanz-fabrik. Nach einer „endlosen Latte an Gutachten“ bestehe nun die Chance, den Standort zu beleben – auch weil jetzt klar sei, dass niemand mehr einfach von außen rumwurtscheln und einfach so in die Entwicklung des Areals eingreifen könne. Von Teilnehmern hieß es weiter, mit dem Begriff Kunstquartier werde das bisher angesiedelte Gewerbe – etwa das VW-Design-Center oder die Softwareschmiede Oracle – explizit nicht ausgeschlossen. Die Schiffbauergasse solle auch keine Konkurrenz zur geplanten Plattner-Kunsthalle im Palais Barberini sein, hieß es – dort gehe es um bildende Kunst, am Tiefen See dagegen um darstellende und andere Künste.
nbsp;Henri Kramer
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