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Landeshauptstadt: Der Mörder am Klavier

Regie-Legende Paul Verhoeven dreht in Babelsberg „Black Book“ – und verwirklicht damit seinen Traum

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Babelsberg - Sein konzentrierter Blick auf den Monitor verrät: Paul Verhoeven ist noch nicht zufrieden. Ein Dutzend Mal schon hat der Regisseur eine Szene aus seinem neuen Film über die Nazi- Zeit durchspielen lassen. In einem Festsaal soll eine glamouröse Party steigen. Doch das Ergebnis gleicht noch nicht der Vorstellung, die Verhoeven im Kopf hat. Mehr als 20 Jahre lang hat er nach eigenen Angaben am Skript gearbeitet, nun dreht er für 17 Millionen Euro „Black Book“, unter anderem noch bis zum 19. Dezember im Studio Babelsberg.

Der Film erzählt kritisch vom holländischen Widerstand gegen die Nazis. Hauptfigur ist die jüdische Sängerin Rachel Steinn (Carice van Houten), die sich nach dem Mord an ihrer Familie der Widerstandsbewegung anschließt. Dazu wechselt sie Aussehen und Identität und dringt bis in die obersten Besatzerkreise vor. Auf einem Nazi-Empfang soll sie nun ein Ständchen geben und entdeckt – am Klavier – den Mörder ihrer Familie.

Eben diese Szene lässt Verhoeven immerfort wiederholen. Zum Widerstand seiner Landsleute hat er insofern einen persönlichen Bezug, als er die Kriegsjahre in den Niederlanden erlebt hat. Seine Charaktere durchleben im Laufe des Films eine Wandlung: „Hier sind die Guten die Bösen, und die Bösen sind am Ende die Guten“, sagt der deutsche Schauspieler Sebastian Koch, der den Chef des Sicherheitsdienstes mimt.

Eigentlich wollte Koch nach „Stauffenberg“ und „Speer und Er“ keine Nazi- Rolle mehr übernehmen. Aber der Name Verhoeven hat ihn schließlich doch gereizt. „Mir hat imponiert, wie besessen Verhoeven vom Thema ist“, sagt Koch und prophezeit: „Entweder geht der Film total in die Hose, oder es wird ein richtiger Knaller.“ Neben Koch spielt unter anderem der Deutsche Christian Berkel als SS-General mit.

„Black Book“ ist nur vordergründig ein Kriegs- und Spionagefilm. „Im Grunde soll der Film die Zuschauer nachdenklich machen über Menschen, die trotz innerer Stärke ihr Leben lang immer Opfer bleiben“, sagt Waldemar Kobus, der den Fiesling am Klavier gibt. Mit „Black Book“ hat sich Paul Verhoeven nach eigenem Bekunden einen altem Traum erfüllt: Nach dem er Hollywood-Blockbuster wie „Basic Instinct“ mit Sharon Stone, „Total Recall“ und „Robocop“ drehte, ist er nach 20 Jahren erstmals für eine Produktion nach Europa zurückgekehrt. Insgesamt 76 Drehtage sind angesetzt für die 17 Millionen Euro teure europäische Ko-Produktion mit Schauplätzen in Delft und Utrecht. Der Film soll voraussichtlich Ende 2006 in die Kinos kommen.

Für den Party-Dreh ist die Marlene-Dietrich-Halle im Studio Babelsberg ein historisch passender Ort: Die Sängerin Steinn gibt „Die fesche Lola“ zum besten – ein Lied aus dem Klassiker „Der blaue Engel“ mit Marlene Dietrich, der einst in derselben Halle gedreht worden ist. Christian Schütte/dpa

Christian Schütte, dpa

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