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Flüchtlinge in Potsdam: Der nächste Schritt

Seit Jahresbeginn sind deutlich weniger Flüchtlinge nach Potsdam gekommen als im Vorjahr. Nun geht es um die Integration jener, die schon da sind. Ein Überblick über die aktuelle Lage.

Von Katharina Wiechers

Stand:

Potsdam - Es war im Herbst 2015, also vor etwa einem Jahr, als die Zahl der in Potsdam ankommenden Flüchtlinge ihren Höhepunkt erreicht hatte. Über 200 Asylsuchende monatlich wurden der Stadt zeitweise aus den Erstaufnahmeeinrichtungen zugewiesen, bis zum Jahresende zählte man knapp 1500 Neuzugänge. Damals beschäftigte die Verwaltung vor allem die Frage, wo die vielen Menschen kurzfristig untergebracht werden – und welche Gebäude dafür schnellstmöglich angemietet und umgebaut werden können. Seit der Schließung der sogenannten Balkanroute sind die Zahlen stark gesunken, gerade in den vergangenen Wochen wurden kaum noch Flüchtlinge vom Land aus nach Potsdam geschickt. Jetzt tritt ein anderes Thema in den Vordergrund, nämlich das der Integration. Die PNN geben einen Überblick – über die aktuelle Lage und anstehende Aufgaben.

Wie viele Flüchtlinge kamen 2016?

526 Flüchtlinge wurden seit Jahresbeginn in Potsdam aufgenommen – deutlich weniger als zu diesem Zeitpunkt vor einem Jahr. Vor allem in den vergangenen drei Monaten wurden der Stadt kaum noch Menschen aus den Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes zugewiesen: Von Anfang Juli bis jetzt waren es nicht einmal 130.

Wie sieht es in den Unterkünften aus?

Die Potsdamer Unterkünfte mit mittlerweile 1660 Plätzen sind derzeit durchschnittlich zu 80 Prozent belegt, wie der städtische Koordinator für Flüchtlingsunterkünfte, Jörg Bindheim, den PNN sagte. Zwei Einrichtungen wurden in den vergangenen Monaten bereits geschlossen, nämlich die Leichtbauhalle an der Sandscholle in Babelsberg und der Wohnungsverbund in der Haeckelstraße. Andere Unterkünfte werden hingegen noch neu eröffnet – weil die eilig geschlossenen Verträge aus dem Herbst das so vorsehen. So wurde erst kürzlich eine Unterkunft im Konsumhof in Babelsberg eröffnet, wie Bindheim sagte. Zunächst seien dort nur vier der 53 Plätze belegt gewesen. Noch vorbereitet werden außerdem Unterkünfte im Handelshof am Industriegebiet und ein Gebäude in der Marquardter Chaussee.

Wie geht es mit der Spendenstelle weiter?

Das ist immer noch unklar. Bereits seit Ende Juli ist die zentrale Sammelstelle in der Haeckelstraße wegen des Verdachts auf Schadstoffbelastung geschlossen. Noch warte die Stadt auf das Ergebnis eines Gutachtens, ob auch die dort gelagerten Spenden belastet seien, so Sozialdezernent Mike Schubert (SPD) am Montag auf PNN-Anfrage. Erst dann könne entschieden werden, ob die Spenden – überwiegend Kleidungsstücke – bedenkenlos an Flüchtlinge ausgegeben werden könnten oder ob man sie reinigen oder sogar entsorgen müsse. Noch im Oktober soll dann die neue Sammelstelle in der leer stehenden Leichtbauhalle in Drewitz eingerichtet werden. Auch diese war einst für die Unterbringung von Flüchtlingen errichtet worden, wurde aber angesichts der rückläufigen Zahlen nie in Betrieb genommen. Erst dann könne die Stadt auch wieder Sachspenden annehmen, so Schubert. Nötig sei zum Beispiel Winterkleidung.

Was wird für die Integration getan?

Sozialdezernent Schubert will dafür in der Verwaltung neue Strukturen schaffen, zum Beispiel in Form eines eigenen Geschäftsbereichs. Derzeit seien viele Bereiche der Verwaltung mit dem Thema Flüchtlinge und Integration beschäftigt, es fehle aber an der zentralen Koordination. Schubert will, dass Flüchtlinge künftig nur noch einen Ansprechpartner in der Verwaltung haben, mit dem sie von der gesundheitlichen Untersuchung über den Sprachkurs bis zur Wohnungssuche alles regeln könnten. Übernehmen sollen dies die neu geschaffenen Integrationslotsen – die ersten beiden solchen Stellen seien derzeit ausgeschrieben, so Schubert. Langfristig seien aber deutlich mehr Stellen nötig. Außerdem will Schubert die Situation für Familien in den Potsdamer Gemeinschaftsunterkünften verbessern. Zwar sieht das Integrationskonzept der Stadt derzeit vor, dass Flüchtlinge maximal sechs Monate in einer Sammelunterkunft leben sollen. Angesichts des angespannten Potsdamer Wohnungsmarktes leben sie dort aber meist deutlich länger. 2018 könnte sich die Situation noch verschärfen, weil dann viele Frauen und Kinder im Zuge des Familiennachzugs erwartet würden, so Schubert. „Wir wollen das Ziel von sechs Monaten nicht aufgeben“, sagte er. „Aber wir müssen darüber nachdenken, was passiert, wenn wir es nicht einhalten können.“

Was bewirkt das neue Integrationsgesetz?

Im Sommer ist das neue Integrationsgesetz des Bundes in Kraft getreten, rückwirkend zum 1. Januar. Bei einer Fachtagung wurde am gestrigen Montag in Potsdam darüber debattiert, welche Auswirkungen das für die Stadt hat. Viel diskutiert wurde laut Schubert vor allem die neu eingeführte Wohnsitzauflage. Durch diese können auch anerkannte Flüchtlinge unter Umständen gezwungen werden, an dem Ort zu bleiben, der ihnen während des Asylverfahrens zugewiesen wurde. Potsdam erlebe es häufiger, dass Flüchtlinge aus anderen Regionen Brandenburgs sich hier niederlassen wollten, so Schubert. Derzeit würden sie abgewiesen – weil das Land noch nicht entschieden habe, wie es das Bundesgesetz umsetzen will.

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