Homepage: Der Philosoph von Sanssouci
Die Universität Potsdam bringt die Schriften Friedrichs des Großen heraus
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Intellektuell begabte Monarchen galten im Europa des 18. Jahrhunderts als Rarität. Preußenkönig Friedrich der Große (1712-1786) erscheint hier als eine der berühmten Ausnahmen, und dies zu Recht. Mag der „Alte Fritz“ ob seines fürstlichen Despotismus, seiner militärischen Härte und seiner unberechenbaren Diplomatie bis heute umstritten sein, seine Vorlieben für Philosophie, Literatur und Musik sind legendär. Als anerkannter Autor des 18. Jahrhunderts war Friedrich auf ganz verschiedenen Themenfeldern präsent, und die meisten seiner Werke verfasste er in Französisch – der Gelehrtensprache seiner Zeit. Im Jahre 2012 jährt sich nun der Geburtstag des „Philosophen von Sanssouci“ zum 300. Mal, und pünktlich dazu soll eine Potsdamer Edition seiner Werke zweisprachig in Französisch und Deutsch als Studien- und Leseausgabe vorliegen.
Einen Vorgeschmack auf das große Jubiläum gab es in der vergangenen Woche, als Geisteswissenchaftler der Universität Potsdam Band VI der geplanten 12-bändigen Werksausgabe – die gesammelten Philosophischen Schriften – vorstellten. Zur feierlichen Präsentation in der Marquis d“Argens-Wohnung im Neuen Palais fanden sich auch Hartmut Dorgerloh, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten, und die französische Botschaftsrätin Marjorie Berthomier ein. Hartmut Dorgerloh verwies auf die französischen Gelehrten und Diskutanten – einschließlich Voltaire und d“Argens –, mit denen der Preußenkönig im fruchtbaren Diskurs gestanden hatte. Marjorie Berthomier hob hervor, wie intensiv sich Friedrich die französische Sprache in seiner schriftstellerischen Tätigkeit, aber auch im europäischen Handeln zu eigen machte: „Das ist französisch-deutsche intellektuelle Beziehungsgeschichte.“
Universitätspräsidentin Sabine Kunst fand ihrerseits anerkennende Worte für die Mitarbeiter des Forschungszentrums Europäische Aufklärung Potsdam (FEA), dessen Mitarbeiter das ehrgeizige Editions-Projekt nun unter dem Dach der Philosophischen Fakultät fortsetzen. Die Potsdamer Ausgabe der Friderizianischen Werke ist nicht nur zweisprachig, sondern auch systematisch kommentiert. „Germanisten, Romanisten und Historiker sind mit ihren ganz unterschiedlichen Ausrichtungen und Blickwinkeln beteiligt“, so Professor Günther Lottes von der Universität Potsdam. „Friedrich der Große war kein Voltaire und kein Diderot, aber er war ein anerkannter Aufklärungsschriftsteller. Unsere Absicht ist auch, ihn vor dem einseitigen Klischee des Alten Fritz zu retten.“
Dass ausgerechnet die Philosophischen Schriften die Werkausgabe eröffnen, sei, so Mitherausgeberin Brunhilde Wehinger, kein Zufall, sondern „Absicht und zugleich programmatisch. Denn diese Texte vermitteln das Selbstverständnis des Autors als Philosoph. Friedrichs Denkart ging mit einem neuen intellektuellen Stil einher, der Kritik mit Vernunftgründen vorbringt.“ Und so kann sich der interessierte Leser auf sensibel bearbeitete Traktate wie „Über die Unschädlichkeit der Irrtümer des Geistes“, den „Antimachiavel“ oder auch die „Abhandlung über die Gründe, Gesetze einzuführen oder abzuschaffen“ einlassen. Hinter den Zeilen wird er einen Autor finden, der sich selbst als „erster Diener des Staates“ verstand, der Vernunft das Wort redete und doch auch höchst allergisch auf Kritik am Ancien Régime wie an der Monarchie im Allgemeinen reagieren konnte.
Friedrich der Große – Potsdamer Ausgabe in 12 Bänden. Band VI: Philosophische Schriften. Hrsg. von Anne Baillot und Brunhilde Wehinger, 524 Seiten, 49,80 € ISBN 978-3-05-004000-4.
Olaf Glöckner
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