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Stadtwerkefest. Das Staraufgebot im Lustgarten lockt jedes Jahr Tausende Besucher an  wie hier bei der zehnten Auflage der Veranstaltung. Kritiker schmähen das Spektakel als Paffhausen-Festspiele.

© Stadtwerke

Von Peer Straube: Der Prototyp eines städtischen Imperiums

Vor zehn Jahren verschmolzen vier Firmen zum ersten Großkonzern Potsdams – den Stadtwerken

Von Peer Straube

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Ein Imperium wird zehn. Am 8. Dezember 2000 wurde im Nikolaisaal offiziell der erste städtische Großkonzern der Nachwendezeit geschmiedet. Die Energieversorgung Potsdam GmbH (EVP), die Wasserbetrieb Potsdam GmbH, die Verkehrsbetrieb in Potsdam GmbH (ViP) und die Stadtentsorgung Potsdam GmbH (Step) firmierten fortan unter dem Dach der Stadtwerke Potsdam – heute wird das in der Stadtwerke-Zentrale groß gefeiert. Das Quartett brachte es bereits damals auf eine Bilanzsumme von 1,2 Milliarden D-Mark, 315 Millionen Mark Umsatz und hatte 1300 Mitarbeiter. Eine „gewisse Befriedigung, dass es geschafft ist“ habe er damals empfunden, sagt Stadtwerkechef Peter Paffhausen rückblickend. „Denn es war nicht ganz einfach.“

Tatsächlich dauerten die Geburtswehen für den Strom-, Wasser-, Verkehrs- und Entsorgungskonzern über 50 Jahre. Bereits 1945 gab es Bestrebungen, die kommunalen Versorgungsunternehmen zu einem Verbund zu verschmelzen – der Sozialismus machte dies schließlich zunichte. Gleich nach der Wende kamen die Pläne erneut auf den Tisch, scheiterten 1991 an Schwierigkeiten mit dem privaten Strommarkt. 1997 schließlich, als Peter Paffhausen Geschäftsführer der EVP wurde, begann der dritte Anlauf. Diesmal spielten auch die privaten Anteilseigner an den städtischen Betrieben, die Edis und die RWE Umwelttechnik, mit. Als weitere Voraussetzung hatte Paffhausen noch im Stadtwerke-Gründungsjahr die Privatisierung des Wasserbetriebs an die Eurawasser rückgängig gemacht und die Firma ins Eigentum der Kommune zurückgeholt.

Als wesentlichen Motor für die Konzernbildung sieht Paffhausen auch heute noch den damaligen Oberbürgermeister und heutigen Ministerpräsidenten von Brandenburg, Matthias Platzeck (SPD). Dessen Unterstützung sei „wesentlich“ gewesen, sagt der Unternehmenschef.

Dabei wäre Paffhausen die Krone des Stadtwerkechefs fast noch entglitten. Im Rathaus, erzählt er, habe es damals andere Pläne gegeben. Die Stadtverwaltung habe den damaligen Leiter der Beteiligungssteuerung und späteren Fachbereichsleiter für Gesundheit, Soziales und Umwelt, Andreas Ernst, als Chef der Stadtwerke inthronisieren wollen. Dieses Ansinnen stieß nicht nur bei Paffhausen auf Widerstand – auch die beiden anderen Unternehmenschefs, Georg Dukiewicz vom ViP und Peter Reich von der Step, seien dagegen gewesen, erinnert sich Paffhausen. „Wir waren uns einig, dass wir einen richtigen Konzern aufbauen wollen.“ Zu viel Reinreden lassen wollte sich das Trio aus dem Rathaus dann doch nicht.

Das Imperium wuchs. 2005 wurden die kommunalen Bäder in die Hoheit der Stadtwerke gegeben, die Bäderlandschaft Potsdam GmbH wurde dafür gegründet. Später musste der Konzern noch die unrentable städtische Stadtbeleuchtung schlucken und auch den kommunalen Fuhrpark.

Im Gegenzug gönnte sich Paffhausen auch ein Bonbon – das Stadtwerkefest, das in diesem Jahr seine elfte Auflage erlebt. Als Dienst am Kunden, als Dankeschön will Paffhausen das alljährliche Spektakel verstanden wissen. An der Größe der inzwischen drei Tage währenden Veranstaltung, zu denen regelmäßig Stars wie Joe Cocker, Billy Idol oder Peter Maffay im Lustgarten aufgefahren werden, gab und gibt es mit schöner Regelmäßigkeit Kritik – nicht zuletzt, weil sich der Unternehmensverbund weigert, die Kosten für das Fest offenzulegen. Mangelnde Transparenz bei der Preisgestaltung, etwa bei Strompreiserhöhungen, ist ebenfalls ein Vorwurf, den Paffhausen häufig zu hören bekommt.

Der Wirtschaftlichkeit des Konzerns hat es nicht geschadet. Letztlich dienten die Stadtwerke auch als Prototyp, um auch die anderen kommunalen Unternehmen finanziell gesunden zu lassen – bekanntlich wurden die Bau- und Wohnungsunternehmen zur Pro Potsdam verschmolzen. Das Klinikum „Ernst von Bergmann“ ist, nachdem auch ein Verkauf schon fast beschlossen war, inzwischen auf dem Weg zu einem florierenden Gesundheitskonzern.

Eine Wunde jedoch wird bei Paffhausen wohl immer bluten: das nicht gebaute Spaßbad des brasilianischen Stararchitekten Oscar Niemeyer auf dem Brauhausberg. Das Projekt sei aus „schwer nachvollziehbaren Gründen“ gekippt worden, sagt Paffhausen. Lediglich acht der mehr als 30 Millionen Euro hätte man an eigenem Geld ausgeben müssen. Nun bauen die Stadtwerke ein neues Schwimmbad für 18 Millionen im Bornstedter Feld.

Nicht mehr verhindern konnte Paffhausen die Privatisierung der „Weissen Flotte“, die damals im Kielwasser des ViP segelte. Ob er die dümpelnde Firma genauso flott bekommen hätte, wie die Eigentümer Jan Lehmann und Jörg Winkler, will Paffhausen nicht einschätzen. „Aber ich hatte mich schon so auf die schöne weiße Admiralsuniform gefreut, die Dukiewicz als Flotten-Käpt’n hatte.“

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