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Landeshauptstadt: Der Schachmann ist da!

Kinder der Kita Pfiffikus spielen das Spiel der Könige

Stand:

Kinder der Kita Pfiffikus spielen das Spiel der Könige Angestrengt, die Zunge zwischen den Lippen, wird das Spielfeld aus Kugelrunden Kinderaugen angestarrt. Acht weiße und acht schwarze Bauern stehen sich feindlich gegenüber – die Seite, die als erstes einen Bauern an die gegnerische Grundlinie bekommt, gewinnt die Partie. Es steht viel auf dem Spiel: Denn wer viermal gewinnt, darf an die Süßigkeitentüte, die auf der Fensterbank liegt. Der Weg ist dabei nicht ganz das Ziel, denn immer mal wieder schlägt einer der Bauern auch geradeaus statt schräg – Hauptsache ankommen! Jeden Mittwoch kommen Eugen Pinno, der von allen Kindern nur „Herr Schachmann“ genannt wird, und Ludwig Stern in die Kita Pfiffikus am Stern, um den Kindern dort das Spiel der Könige beizubringen. Dass die Regelverstöße geradeaus schlagender und schräg laufender Bauern zum Teil auch aus mangelndem Regelverständnis passieren, wissen die beiden Schachlehrer natürlich. „Schach im Kindergarten ist wissenschaftlich umstritten“, gibt Pinno zu. „Das strategische Denken fehlt in diesem Alter einfach noch.“ Trotzdem halten beide ihren Unterricht für sinnvoll: Man könne bereits nach dem fünften Mal bei vielen einen Fortschritt erkennen. „Man kriegt schnell raus, wer ein Talent ist“, erläutert Stern. Wichtig sei aber die altersgerechte, spielerische Herangehensweise – um die kleinen Schüler nicht zu überfordern, wird bisher auch nur mit Bauern gespielt. Dass damit kein richtiges Schachspiel möglich ist, ist nebensächlich: „Und wenn wir die Schachfiguren durch die Gegend schmeißen, beschäftigen sich die Kinder doch mit den Figuren und lernen, sie zu unterscheiden“, führt Stern lächelnd aus. „Was wir mit unserem Unterricht erreichen wollen, ist eine Schulung des logischen Denkens“, so Pinno. Und damit könne man nicht früh genug anfangen. Wenn man nebenbei noch junge Menschen für das Schachspiel begeistern könne, sei das natürlich ein angenehmer Nebeneffekt. Für sie beide ist der Kita-Unterricht ein Experiment: „Wenn wir sehen, dass unser Angebot gut aufgenommen wird, dann würden wir auch woanders ähnliches anbieten.“ Beide, Pinno und Stern, engagieren sich ehrenamtlich für die Akademie „2. Lebenshälfte“, die Senioren wieder aktiver in die Gesellschaft einbringen will. Pinno, Vereinsvorsitzender des SV Kinder- und Jugendschachs, wurde von der Akademie angesprochen, ob er Interesse an dieser Art des Schachunterrichts hätte, Stern, seit 37 Jahren Leiter von Jugendgruppen und ebenfalls begeisterter Schachspieler, kam später dazu. Nach einer halben Stunde ist die Schachlektion beendet und die Fünf- bis Sechsjährigen eilen zurück in ihre Spielzimmer – nicht ohne sich vorher ihre süßen Belohnungen abzuholen. Und auch für die, die nicht so oft gewonnen haben, gibt es einen Trostpreis. „Erfolg ist wichtig, dann kommen die Kinder auch beim nächsten Mal noch gerne“, weiß Stern. Der sechsjährige Jeremy freut sich jedenfalls schon, wenn die „Schachmänner“ nächsten Mittwoch wieder kommen. Nur manchmal ärgert er sich über seinen Spielgegner: „Immer, wenn der auch gewinnen will.“ Aber das wird wohl noch öfter passieren – es geht schließlich um Süßigkeiten. Matthias Oden

Matthias Oden

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