Dietrich Mieroph lebt seit 30 Jahren direkt am Ufer des Sacrow-Paretzer Kanals. Seine Adresse: Steife Brise 1. Wenn jemand weiß, wie viele Schiffe wirklich durch den Kanal im Norden Potsdams fahren, dann ist es der 62-Jährige. Denn der Mann notiert sich die Schiffe, die an seinem Wohnzimmer-Fenster vorbeiziehen, die Namen, die Tonnagen, die Ladung.
Am 16. September zum Beispiel waren es drei Schiffe, die die Steife Brise passierten: Um 8.11 Uhr, um 15.25 Uhr und um 16.35 Uhr. Ganze drei Schiffe an einem Tag. Oft sind es sogar nur zwei, Vormittags eins und Nachmittags eins. Wie das Wasserstraßen-Neubauamt auf ihre geschätzten Schiffszahlen kommt, die angeblich den Sacrow-Paretzer Kanal durchfahren, ist Mieroph ein Rätsel. „Wahrscheinlich zählen sie sie zweimal, einmal, wenn die Schiffe losfahren und noch einmal, wenn sie ankommen.“
Gut erinnert sich der Potsdamer an die Zeit vor der Maueröffnung 1989, als Westberlin eine Insel war im roten Meer, die mit Binnenschiffen versorgt wurde. Mieroph ist sich sicher, dass damals die Belastung des Sacrow-Paretzer Kanals um den Faktor 100 höher war, wo heute ein Schiff fährt, waren es vor 1989 einhundert. „Das haben die Schleusen verkraftet“, so Mieroph. Warum nun 65 Millionen Euro für den Ausbau der Wasserstraße vor seiner Haustür ausgegeben werden soll, ist ihm schleierhaft. Für drei Schiffe am Tag.
Die Politiker, sagt Mieroph, redeten „absoluten Schnee“, wenn sie einen großen Bedarf an Containerfracht reklamierten. Auf dem Sacrow-Paretzer Kanal, so Mieroph, „gibt es keinen Containerverkehr“. Vorbei käme regelmäßig das Schiff mit den Holzhackschnitzeln für das Biomassekraftwerk Königs Wusterhausen. Es gebe polnische Schubeinheiten, die mit Schrott beladen von Berlin kommend nach Brandenburg (Havel) fahren, wo noch ein Ofen in Betrieb sei. Aber es gebe keine Containerschiffe auf dem Kanal. Wäre da mal eines gewesen, er hätte es fotografiert. Guido Berg
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