Landeshauptstadt: Der Schlüssel passt nicht
SPD-Veranstaltung zur Kita-Qualität / Professor fordert unabhängige Bewertung
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Nauener Vorstadt – Eine hohe Zahl an Krippen- und Kindergärtenplätzen ist gut. Das Prädikat kinderfreundliche Stadt noch besser. Doch auf diesen Lorbeeren will sich Potsdams SPD nicht ausruhen. Es gehe jetzt um die Qualität in den Einrichtungen, befand sie und lud am Dienstagabend ins Regine-Hildebrandt-Haus in der Alleestraße zur Diskussion ein. Dabei gab sie sich selbst kinder- und familienfreundlich und bot Kinderbetreuung während der Veranstaltung an. Das ließ die Zahl der teilnehmenden Frauen sofort in die Höhe schnellen.
Wie also steht es um die Qualität der Knirpsbetreuung? Eine Aussage darüber kann laut Prof. Dr. Wolfgang Tietze von der Freien Universität Berlin nur eine Bewertung nach einheitlichen und vor allem auch inhaltlichen Kriterien bringen. Und er hatte auch gleich ein ausgearbeitetes Konzept mit Situationsprüfungen in der Einrichtung, Interviews mit Erziehern und einer standardisierten schriftlichen Elternbefragung dabei. Und das alles unter dem Blickwinkel des Kindeswohls. Denn langfristige Untersuchungen hätten ergeben, dass die Kita-Qualität Entwicklungsunterschiede bei den Kindern bis zu einem Jahr erzeugen könne und ins Berufsleben weiterwirke. Bei Erreichen der notwendigen Punktzahl bekomme die Kindereinrichtung dann ein Gütesiegel. Wie viele Potsdamer Kitas es aus dem Stand erreichen würden, konnte er nicht sagen, im Land Brandenburg rechnete er mit etwa 40 Prozent. Gegenüber Eigenbewertungen der Einrichtungen durch die Träger zeigte sich der Professor skeptisch. Untersuchungen hätten ergeben, dass Kitas ein und des selben Trägers sehr unterschiedliche Qualität zeigten.
Die dreifache Mutter Kathleen Riedel bescheinigte den Potsdamer Kitas, in der Qualität einen gewaltigen Sprung nach vorn gemacht zu haben. Doch Birgit Malik vom Elternverein Butzemannhaus meinte: „Der Personalschlüssel in den Kitas stimmt schon lange nicht mehr.“ Bei immer größeren Aufgaben und auch sozialen Problemen sei da seit zehn Jahren nichts mehr geschehen. „Die Erzieherinnen krauchen auf dem Zahnfleisch.“ Spontaner Beifall untermauerte die Kritik. Hinzu komme auch noch, dass der Erzieherinnenberuf nicht mehr attraktiv genug erscheine, um freie Stellen mit Nachwuchskräften zu besetzen, so eine andere Diskussionsteilnehmerin.
Klara Geywitz, SPD-Stadtverordnete und Landtagsabgeordnete, ist sich des Problems sehr wohl bewusst. Als ersten Schritt soll die Verwaltung bis Mai die Platzangebote und die Anforderungen der Eltern räumlich auflisten, so der SPD–Antrag in der Stadtverordnetenversammlung vom Montag. Zumindest in den Sozialräumen sollte beides übereinstimmen, fordert Geywitz. Dass die Kindereinrichtungen verpflichtet werden, ein bestimmtes Gütesiegel zu erwerben, sei nicht geplant. Da müsse der Träger Entscheidungsfreiheit haben, sagte sie, zumal damit auch Kosten verbunden seien. Mit einem elternbeitragsfreien letzten Kitajahr kann sie sich auch nicht anfreunden. Mit Blick auf Gutverdiener meinte sie: „Das Geld fließt dann nicht dahin, wo ich es haben möchte.“ Sie sieht vielmehr dringenden Finanzierungsbedarf für einen besseren Personalschlüssel.
Bei der Auswahl einer Krippe fürs eigene Baby, das Klara Geywitz im Juli erwartet, hat sie noch Auswahlpause, denn die Oma, die pensionierte Kindergärtnerin ist, wird in die Bresche springen. dif
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