zum Hauptinhalt
Sorge um den Platz. Die Rugbyspieler des USV Potsdam (rot-schwarz) treten in der Bundesliga an und bilden als Verein den Landesstützpunkt. Rechtssicherheit mit Blick auf die Nutzung des Sportplatzes haben sie dennoch nicht.

© Olaf Möldner

Sport: Der Schuh drückt

Bei der Breitensport-Konferenz wollen zahlreiche Potsdamer Vereine ihre Sorgen äußern

Stand:

Das Treffen am heutigen Dienstagabend wird ganz sicherlich eines, das jede Menge Brisanz in sich trägt. Auf dem Uni-Gelände in Golm findet am Abend die Breitensportkonferenz statt, zu der auch Vertreter aller Breitensportvereine der Landeshauptstadt eingeladen sind. In den vergangenen Monaten fand unter Leitung von Prof. Jürgen Rode von der Uni Potsdam eine umfangreiche Befragung von Vereinen, Bürgerinnen und Bürgern, in Kindertagesstätten und Jugendklubs zur sportlichen Betätigung in Potsdam statt. Die Ergebnisse sind inzwischen ausgewertet und sollen am Abend vorgestellt werden. Zum letzten Mal wurde Anfang der 2000er Jahre über den Sportentwicklungsplan diskutiert. Nach der Ermittlung des Status quo soll die Diskussion nun erneut aufgenommen werden.

„Die Konferenz soll der Auftakt zu einer Diskussion sein, bei der sowohl die Vereine als auch sportbegeisterte Bürger zu Wort kommen sollen“, sagt Lutz Henrich, Vorsitzender des Stadtsportbundes. „Im Vordergrund der Befragung, an der auch der Stadtsportbund beteiligt war, standen die Sport- und Bewegungsaktivitäten in der Stadt. Aber nicht nur jene, die von Vereinen angeboten werden.“ Mit einem interessanten Fakt: 84,5 Prozent der Potsdamer Einwohner sind sportlich aktiv. Das muss nicht mit einer Mitgliedschaft in einem Sportverein einhergehen – auch Joggen, Schwimmen oder Radfahren zählen dazu. Während im Jahr 2000 noch das Schwimmen an erster Stelle stand, ist es inzwischen vom Radfahren abgelöst worden. Aber auch die Gründe für „Nichtaktivitäten“ wurden beleuchtet. Gaben viele Befragte vor gut zehn Jahren fehlende Informationen oder finanzielle Belange als Gründe an, hat sich dies seitdem entscheidend verändert. „Das können wir uns als Stadtsportbund auf die Fahnen schreiben“, sagt Henrich. „In den vergangenen Jahren haben wir viel Mühe in die Informationspolitik gesteckt und erreichen inzwischen nicht zuletzt auch über das Internet sehr viele Sportinteressierte.“

Wenn sich morgen Abend im Haus 27 zahlreiche Vertreter der Potsdamer Sportvereine die Befragungsergebnisse anhören und über die daraus resultierenden Schritte reden, wird es in jedem Fall einen Appell an die Stadt geben. Ein Grund dafür ist, dass sie die Sportvereine künftig stärker als bisher am Haushaltssanierungskonzept beteiligen will. Eine Sache, gegen die sich nicht zuletzt auch Lutz Henrich mit dem Stadtsportbund stellt. „Das ist eine politische Frage“, sagt er. „Es kann nicht sein, dass der SV Babelsberg 03 mit 100 000 Euro aus Steuergeldern unterstützt wird und alle anderen Vereine müssen zahlen.“

Seiner Meinung ist auch Christian Gerber. Er leitet die Abteilung Breitensport beim SC Potsdam, dem mitgliederstärksten Verein des Landes Brandenburg. „Die kostenlose Nutzung der Sportstätten stand noch nie so infrage wie derzeit“, sagt er. „Im Jahr 2000 wurde beschlossen, dass der Sport mit jährlich 100 000 Mark am Haushaltssanierungskonzept beteiligt wird. Während des vergangenen Jahres wurden insgesamt rund 65 400 Euro abgeführt.“ Wenn die Vereine ihre Bedenken nicht deutlich artikulieren würden, werden sie in naher Zukunft sicherlich vor vollendete Tatsachen gestellt, vermutet Gerber und sieht die Gefahr, dass die Entgelte für Mieten und Pachten verdoppelt werden könnten. Dies würde wiederum eine Erhöhung der Mitgliedsbeiträge mit sich bringen.

Ein ewiger Kritikpunkt, dem sich auch die Studie ausgiebig widmet, ist die Sportstättensituation in Potsdam. Von der kann auch Lutz Boede ein Lied singen. Als Jugendleiter des SV Concordia Nowawes 06 kämpft er seit Jahren dafür, auf dem Gelände zwischen der Nuthe-Schnellstraße und dem Park Babelsberg einen Fußballplatz zu errichten. Das scheitert nach wie vor an der Zustimmung der Schlösserstiftung. „Potsdam gilt zwar nach der neuesten Studie als eine der kinderfreundlichsten Städte in Deutschland. In einem Punkt allerdings nicht: Während im Bundesdurchschnitt 54 Prozent der unter 18-Jährigen in Sportvereinen aktiv sind, kommt unsere Stadt gerade einmal auf ein Drittel davon.“

In seinem Verein trainieren derzeit Kinder in sieben Gruppen drei Stunden pro Woche auf der Sandscholle. Der Bedarf ist viel größer: Rund 80 Kinder und sogar Übungsleiter stehen auf der Warteliste. Inzwischen wurde das Karl-Liebknecht- Stadion für vier Stunden angemietet – 30 Euro pro 60 Minuten müssen da allerdings berappt werden. „Wenn Turbine mietfrei bleibt, wollen wir das auch“, fordert Boede. „Wenn die Stadt nicht am Babelsberger Park baut, wo dann? Es kann doch nicht sein, dass man sich an ein paar Ballfangzäunen stört!“ Der SV Concordia will seine Probleme heute Abend zur Diskussion bringen.

Die Rugbyspieler des USV Potsdam indes haben eine Spielstätte. Die Männermannschaft spielt zwar in der Ersten Bundesliga – zur „Leistungssportschiene“, wie Trainer Robby Lehmann sagt, zählen sich die Spieler dennoch nicht. „Wir sind einerseits ein Bundesligateam, andererseits aber auch Landesstützpunkt für den Rugbysport“, erklärt Lehmann. „Und wir haben nach wie vor keine rechtsgesicherte Regelung für unseren Sportplatz. Deshalb können wir auch keine Unterstützung beantragen.“

Einige von mehreren Fällen, von denen morgen sicherlich zahlreiche auf den Tisch kommen werden. Im Haus 27 wird es bis in die späte Nacht gehen.

Henner Mallwitz

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })