Landeshauptstadt: Der Sinn des Lehms
Auf dem Ernst-Busch-Platz bauen Kinder zwei Wochen lang ein Schiff aus Stroh und Lehm
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Er ist braun, kalt und schleimig. Er kitzelt auf der nackten Haut. Er ist ein bisschen eklig, findet Dominique. Aber genau darum mache es Spaß. Der Sechsjährige steckt bis zum Ellenbogen in einem Eimer voller Lehm und matscht. Er baut mit seinen 16 Freunden aus der Kita Märchenland ein Schiff. Eine Arche mitten auf dem Ernst-Busch-Platz in Drewitz. Dort stehen 40 Strohballen und vier Säcke mit trockener Lehmerde. Die Säcke sind höher als die Kinder, anderthalb Tonnen Lehm lagern in jedem.
Aus den Strohballen hat Lehmbauer Peter Karlstedt mit seiner fünfköpfigen Crew ein Boot geformt. 14 Meter ist der Rumpf lang, 2,50 Meter ragt es an der höchsten Stelle nach oben. Nun schmieren die Kinder den Lehm aufs Stroh, an die Außenwand des Schiffes.
Vorher hat Peter Karlstedt ihn mit Wasser verdünnt. Nun muss er gut durch geknetet werden. Die Sechsjährigen stehen in den Eimern und stampfen die Masse wie Weintrauben. Die Mädchen halten ihre Kleider hoch und kreischen genüsslich „Iiieeh!“. Es spritzt und die Kinder sind mit braunen Sprenkeln übersät. „Es ist schön“, findet Dominique.
Gesponsert haben die Aktion verschiedene Potsdamer Wohnungs-Unternehmen, die Stadtwerke und andere Firmen. Geplant hat sie der Berliner Architekt Jörg Wappler, der ähnliche Projekte schon in Berlin durchgeführt hat. Auch auf dem Drewitzer Ernst-Busch-Platz gab es schon einmal eine Lehmbau-Aktion. Vor zwei Jahren haben die Kinder vom Kiez eine Burg gebaut. In zwei Wochen soll das Schiff fertig sein. Es soll einen Sieben-Meter-Masten, Segel und Seile bekommen und ein Steuerrad. Die Kinder sollen es nach ihren eigenen Vorstellungen gestalten. Zum Beispiel sollen sie es später mit Naturfarben bunt anmalen. Vormittags können vor allem Kindergarten-Gruppen bauen, nachmittags sei der ganze Kiez dazu eingeladen, sagt Karlstedt. Wenn das Boot nach zwei Wochen fertig ist, können die Kinder noch eine Woche mit dem Lehmschiff spielen. Danach wird es von einer Kompost-Firma abgetragen und kompostiert. „Dann wird das Boot wieder zu Erde“, erklärt Karlstedt.
Und der Sinn? Der sei schon im Namen zu erkennen, sagt der Lehmbauer. Er und Architekt Wappler haben das Projekt Arche genannt. „Da steckt Architektur drin und archaisch.“ Die Kinder sollen bauen, selbst etwas erschaffen und dabei lernen, mit natürlichen Materialien wie Stroh, Holz und Lehm umzugehen. Bei Karlstedt lernen die Kinder aber auch gleich den Umgang mit Tieren. Denn er hat seinen Hund Jesse James dabei. Der liegt auf dem Asphalt, schlummert und genießt die Streicheleinheiten von Dominique und den anderen. „Der Hund ist kuschelweich“, sagt Dominique. Der Junge hat jetzt genug gemanscht, schließlich geht es gleich zurück in den Kindergarten, Mittagessen. Am Nachmittag will er aber wieder zur Arche. „Ich sag meiner Mama, dass ich gleich hin will.“
Kita-Gruppen können sich bei Carolin Stabe von Stadtkontor unter Telefon (0331) 74 357 35 anmelden.
Juliane Wedemeyer
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