Homepage: Der Sound der Städte
Ein Symposium zu urbanem Sounddesign
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„Das Ende der Geräusche des Maschinenzeitalters ist gekommen“, meint Arthur Engelbert. Engelbert ist Professor für Medientheorie- und Praxis an der Fachhochschule Potsdam (FH). In das „Schaufenster“ der FH Potsdam hatte er unlängst zu dem deutsch-israelischen Symposium „The Speaking City“ eingeladen. Nachdem sich im vergangenen Sommer israelische und deutsche Studenten im Rahmen des Studienprogramms kulturelle Transfers „cultrans“ gegenseitig besucht hatten, wollte das Symposium und die begleitende Ausstellung nun herausfinden, wie das Sounddesign, neue Baumaterialien und Kommunikationstechnologien künftig Städte verändern werden.
„Moderne Städte sind eigentlich akustisch leer“, behautet Engelbert, eine These die angesichts von geräuschlos dahin schnurrenden Autos und Zügen, die nur noch aufgrund ihres Luft- und Reifenwiderstandes überhaupt hörbar sind, nachvollziehbar wird. Um den Klang der Städte bewusst gestalten zu können, müsse dieser überhaupt erst einmal ins Gedächtnis gerufen werden.
Dies versuchte der Soundkünstler Yossi Mar-Chaim von der Partneruniversität Bezalel Academy of arts mit einer Klangkollage zu bewerkstelligen. Er setzte Klangfragmente, aufgenommen am Damaskus Tor in Jerusalem, zu einer Komposition zusammen. In einem Kreis von Lautsprechern konnte der Zuhörer einer auf- und abschwellenden Kulisse aus Stimmengewirr, Verkehrsgeräuschen und allerlei diffusem Großstadtklang lauschen. Ergänzend dazu gab es einen Live-Video-Stream vom Nauener Tor zu sehen, der einerseits auf einer Leinwand, andererseits gleichzeitig im Internet erschien. Beschaulich daher schlendernde Fußgänger am Nauener Tor verraten, dass die Geräuschkulisse dort nicht die einer globalisierten Großstadt ist.
Jede Stadt habe einen ganz eigenen Klang, hat Sabine Breitsameter von der Uni Darmstadt beobachtet. Derjenige Frankfurts sei durch startende Flugzeuge geprägt, der Vancouvers durch die Nähe zum Pazifik. Dennoch würden die Klänge globalisierter Großstädte gleichförmiger, Kuala Lumpur klinge nicht viel anders als Wladiwostok. Deshalb seien die Erwartungen an die Geräusche einer Stadt relativ gering, man höre weg, gerade das mache ein Sounddesign von Städten und Gebäuden notwendig.
Dem eigentlich unhörbaren Klang einer Stadt spürt die Künstlerin Christina Kubisch nach. Bei ihren „electric walks“ tragen die Teilnehmer Kopfhörer, deren elektrische Spulen die magnetischen Felder der urbanen Umgebung erfahrbar machen. Seit mehr als einem Jahrzehnt führt die Künstlerin in dieser Weise Experimente zu den immer zahlreicher werdenden unsichtbaren Feldern durch. 23 Städte hat sie bereits so vermessen. Sie hat dramatische Veränderung der im Kopfhörer knisternden und brummenden Klangwelt entdeckt. Hot Spots für das Internet, Telekommunikation, Sicherheitsschranken, alles transportiert elektrische Wellen, die normalerweise außerhalb der hörbaren Frequenzen liegen, aber mit Kubischs Gerät ans Ohr dringen. Verstärkt knistert und knurpselt es am Ohr. Sehr interessant und vielgestaltig seien die großen Leuchtreklamen von Sexshops hat sie festgestellt, bedrohlich tief brummten dagegen Sicherheitsschleusen von Flughäfen. Richtige Stille gebe es eigentlich nur in ferner Natur, manchmal an Flussläufen. Innerhalb einer Stadt habe sie lediglich einmal vollkommene Stille erlebt, das sei in der Bibliothek der Universität Oxford gewesen. Richard Rabensaat
Richard Rabensaat
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