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Landeshauptstadt: Der steinige Weg zur Transparenz

Potsdamer forderte von EWP Erklärung für Strompreise und erhielt falsche Beispielrechnung als Antwort

Stand:

Joachim Allrich hat die Nase voll. Noch immer wartet er auf eine Erklärung für die Erhöhung seiner Strompreise. Dabei hatte der Rentner der Energie- und Wasser Versorgung Potsdam (EWP) schon im September einen Brief geschrieben – kurz nachdem diese angekündigt hatte, den „Arbeitspreis“ seines Local-Energie-Tarifs 2006 zum dritten Mal seit August 2004 zu erhöhen: von 17,17 auf 18,25 Cent pro Kilowattstunde. Was denn der so genannte Arbeitspreis überhaupt sei, wollte Allrich wissen: „Ich will einfach Transparenz.“

Laut Verbraucherschützer Hartmut Müller sein gutes Recht. Und vor allem die Pflicht der EWP. Denn seit diesem Jahr gilt die neue Energiewirtschaftsgesetz mit dem Paragraphen 42, der Transparenz der Stromrechnungen fordert. Doch das Antwortschreiben, das einen Monat später in Allrichs Briefkasten lag, half dabei nicht weiter. Ein EWP-Mitarbeiter versprach zwar eine erhellende Beispielrechnung als Anlage – mitgeschickt hatte er sie allerdings nicht. Also fragte der 72-Jährige erneut bei seinem Stromlieferer an. Und siehe da, nach einem weiteren Monat konnte der pensionierte Wirtschaftswissenschaftler den nächsten Umschlag der EWP öffnen.

Mittlerweile hatte sich Vertriebsleiter Dieter Fehlau persönlich dieses Falles angenommen. Und auch die Beispielrechnung fehlte dieses Mal nicht. Trotzdem – von Transparenz keine Spur: Denn laut Fehlau setzte sich der Arbeitspreis nicht nur aus den Kosten für die Netznutzung und der Erzeugung sowie die staatlichen Umlagen zusammen, sondern auch aus der Stromsteuer.

Auf den EWP-Rechnungen, die Allrich alle aufhebt und gewissenhaft prüft, sind jedoch der Arbeitspreis und die Stromsteuer extra aufgeführt. Was ist denn nun der Arbeitspreis? Langsam war es mit der Geduld des Potsdamers zu Ende. „Die Termini in meiner Beispielrechnung sind falsch“, räumt Fehlau später gegenüber den PNN ein. An die PNN hatte sich Allrich nämlich mittlerweile gewandt.

Das mit dem Arbeitspreis sei kompliziert, erklärte Fehlau von der EWP. Er selbst spreche gern auch vom „Netto-Netto-Arbeitspreis“ – schließlich kämen ja auch noch 16 Prozent Mehrwertsteuer hinzu. Doch Allrich fehlte nicht nur wegen fragwürdiger Bezeichnungen das Verständnis, sondern, weil Fehlaus Rechnung schlicht und ergreifend falsch ist. Weder stimmt der Anteil der Mehrwertsteuer, noch die Summe der einzelnen Posten. Und der Preis für die Stromlieferung steigt auch nicht um knapp fünf Prozent, sondern um über 16 – elf Prozentpunkte mehr, als in Fehlaus Rechnung. Da seien ihm wohl „Rechenfehler“ passiert, so Fehlau.

Um alles genau zu erklären, kam Fehlau extra in die PNN-Redaktion – mit einer neuen Rechnung, auf der die Veränderung aller Preise seit vergangenem Jahr aufgeführt waren: Um weniger als 30 Prozent seitdem gestiegen, so steht es schwarz auf weiß. Nur, bei einem damaligen Strompreis von 13,17 Cent pro Kilowattstunde liegt der Preis für 2006 fast 40 Prozent höher. Und warum? Wegen der Gaspreise, erklärte Vertriebsleiter Fehlau. Die würden stetig steigen. Allein im Vergleich zum Vorjahr sind sie um über 40 Prozent angestiegen. Da der EWP-Strom zu 80 Prozent im Potsdamer Gas-Dampf-Werk erzeugt würde, müsste die EWP auch etwas von dieser Erhöhung weitergeben. Höher fällt demnach künftig auch die staatlichen Umlage für erneuerbare Energien und die Kraft-Wärme-Kopplung aus.

Joachim Allrich hat mittlerweile einen neuen Brief geschrieben. An Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns. Der soll Allrich nun erklären, wieso er der EWP die Erhöhung des Strompreises genehmigt hat. Seine Mitarbeiter arbeiten laut Ministeriumssprecher Steffen Kammradt schon an der Erklärung.

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