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In heiligen Hallen: Eric Pommer, Enkel von Filmproduzent Erich Pommer, besuchte am Dienstag die Babelsberger Studios.

© Manfred Thomas

Studiobesuch in Babelsberg: Der Test mit der Porzellan-Zigarette

Erich Pommer hat Filmklassiker wie „Metropolis“ produziert. Sein Enkel besuchte die alte Wirkungsstätte in Babelsberg.

Von Peer Straube

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Er kann ihn noch fühlen, den Zauber. Auch nach 85 Jahren noch. „Die Energie ist noch hier“, sagt Eric S. Pommer sichtlich beeindruckt. Er steht in der Marlene-Dietrich-Halle auf dem Gelände der Babelsberger Filmstudios und lässt den Blick in die gewaltige Leere schweifen. Hier hat 1926 sein Großvater gestanden: Erich Pommer, Produzent von „Der blaue Engel“, „Das Cabinet des Dr. Caligari“ und einer der bedeutendsten deutschen Filmproduzenten überhaupt, Tonfilmpionier, Entdecker und Förderer von Marlene Dietrich. In der damals frisch fertiggestellten Halle drehte Fritz Lang Szenen für sein futuristisches Meisterwerk „Metropolis“ – produziert von Erich Pommer.

Für Eric S. Pommer ist der Besuch in Babelsberg – sein erster überhaupt in Potsdam - etwas Besonderes. Der Enkel des großen Produzenten ist eigens aus Los Angeles angereist, um bei der Einweihung des Sterns für seinen Ahnen dabeizusein, der seit Montag den Boulevard der Stars auf dem Potsdamer Platz in Berlin ziert. Tags darauf nutzt er die Gelegenheit, in den bald 100-jährigen Filmstudios auf den Spuren Erich Pommers zu wandeln. Neben dem Bildnis des Großvaters im Atelier „Neue Ost“ posiert der Enkel für ein Foto. Die Familienähnlichkeit ist frappierend. Eric Pommers Freundin Jeannette Noble schießt begeistert Fotos vom Modell des Glasateliers, das an die Gründertage der Filmstudios erinnert.

„Da ist ja Karl Freund“, sagt Pommer und zeigt auf eines der Bilder im Foyer des Ateliers „Neue Ost“. Den bedeutenden Kameramann, der „Metropolis“ drehte und im US-amerikanischen Exil später Bela Lugosi als „Dracula“ ablichtete, kannte Pommer noch persönlich. Von Freunds Bildern ist Pommer noch heute begeistert. Der Kameramann gilt als Erfinder der „entfesselten Kamera“, dessen Aufnahmen ohne Stativ von einer ungeheuren Dynamik geprägt waren. Zum ersten Mal setzte Freund diese Technik in Friedrich Wilhelm Murnaus Film „Der letzte Mann“ mit Emil Jannings ein. Pommer hat diesen Stummfilm erst vor wenigen Tagen in Potsdam erneut gesehen – bei den Ufa-Filmnächten vor der grandiosen Kulisse der Orangerie im Park Sanssouci. „Wunderschön“ sei dieses Erlebnis gewesen, sagt Pommer.

Auf dem Billy-Wilder-Platz, vor dem Studio-Werbebanner mit Filmszenen aus 100 Jahren, kommen Erinnerungen hoch. „Mein Großvater hatte eine Porzellan-Zigarette“, erzählt Pommer, „weil er das Rauchen bereits aufgegeben hatte.“ Doch er nutzte sie, um seine Leute zu testen. In den frühen Tagen des Films herrschte am Set absolutes Rauchverbot, weil das Zelluloid leicht brannte. Ein Feuerwehrmann der Ufa sei damals mit einer Schere herumgelaufen, um allen Rauchenden die brennenden Spitzen ihrer Kippen abzuschneiden. Erich Pommer steckte sich dann gern die Porzellan-Attrappe in den Mund, um zu sehen, ob auch dem „Big Boss“ der Glimmstengel geköpft würde. „Wenn nicht, gab es Ärger“, erzählt der Enkel lächelnd. Die Porzellan-Zigarette hat ihm der Opa noch gezeigt.

14 Jahre alt war Eric, als der Großvater 1966 in Los Angeles starb. Erich Pommers Sohn John, heute 95 Jahre alt, hatte es da schon ins Filmgeschäft verschlagen – unter anderem arbeitete er als Herstellungsleiter für Stanley Kubricks „Wege zum Ruhm“. Eric, der Enkel, ist nicht diesen Weg gegangen. Er arbeitet als Rechtsanwalt in Los Angeles. „Mein Großvater und mein Vater haben mir beide abgeraten“, sagt Eric Pommer schmunzelnd. „Sie sagten, das Filmgeschäft macht nicht mehr so viel Spaß wie früher.“

Heute will Eric Pommer das nach seinem Großvater benannte Erich-Pommer-Institut für Medienrecht, -wirtschaft und -forschung in der Babelsberger Medienstadt besuchen, außerdem die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“. Der US-Amerikaner, der heute zudem seinen 60. Geburtstag in Potsdam feiert, ist sichtlich stolz auf seinen Ahnen. Es freut ihn, dass die Menschen hier noch seines Großvaters gedenken. „Mein Vater und ich sind froh und glücklich, dass Erich Pommer mit einem Stern auf dem Boulevard der Stars geehrt wurde“, sagt Eric Pommer und lobt zugleich die deutsche Filmindustrie, die „wieder einen Stand erreicht“ habe wie zu jenen Glanzzeiten, als sein Großvater die großen Ufa-Filme produzierte.

„Deutschland“, sagt Pommer gerührt, „hat eine Filmindustrie, die ihre Wurzeln nicht vergessen hat“.

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