Von Michael Erbach: Der Uferweg soll aufs Wasser
Vor gesperrten Griebnitzsee-Grundstücken will die Stadt einen Steg bauen / Uferweg wird beseitigt
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Babelsberg - Der Machtkampf zwischen der Stadtverwaltung und Grundstückseigentümern am Griebnitzsee hat eine neue Stufe erreicht: Wie Wolfgang Hadlich, Leiter des Büros von Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), den PNN gestern bestätigte, hat die Stadt beim zuständigen Wasserstraßenamt in Berlin die Errichtung einer Steganlage beantragt. Der mehrere hundert Meter lange Steg könnte in dem Bereich errichtet werden, in dem derzeit Grundstückseigentümer den Uferweg gesperrt haben. Mit dem Steg könnten diese Grundstücke sozusagen auf dem Wasserweg umrundet werden und der Uferbereich des Griebnitzsees wieder durchgängig öffentlich genutzt werden – so wie dies nach dem Mauerfall 19 Jahre lang möglich gewesen war.
Wie berichtet hat die Stadt, die am Griebnitzseeufer einen öffentlichen Uferpark plant, acht Grundstückseigentümern Kaufangebote für ihre Grundstücke unterbreitet. Dieser Schritt war notwendig geworden, weil das Oberverwaltungsgericht den betroffenen Grundstückseigentümern bestätigte, dass es sich bei ihren Grundstücken um privates Gartenland handelt und es keine Betretungsrechte für die Bevölkerung gibt. Daraufhin hatten die Anlieger den Uferweg gesperrt und ihre Grundstücke gesichert.
Hadlich nannte gegenüber den PNN zunächst keine weiteren Einzelheiten, verwies aber darauf, „dass die Verhandlungen mit den Grundstückseigentümern oberste Priorität haben“. Sollte der Steg genehmigt werden, sei es nicht vorgesehen, ihn sofort zu errichten. Der Steg sei lediglich „eine mögliche Option“ für den Fall, dass die Verhandlungen mit den Eigentümern scheitern.
Stadtsprecherin Sigrid Sommer sagte auf PNN-Anfrage, dass die Stadt zunächst beantragt habe, die „grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit eines Uferstegs“ zu prüfen. Wie Bettina Kummerlöw vom zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamt Berlin erklärte, habe die Stadt noch keine weitergehenden Unterlagen eingereicht. Das Amt habe zu prüfen, ob ein solches Vorhaben „die Sicherheit und Leichtigkeit der Schifffahrt beeinträchtigen könnte“.
Jakobs hatte stets erklärt, derzeit auf Verhandlungen zu setzen. Dabei geht es zum einen um die Einrichtung einer Dienstbarkeit für den Uferweg – also um die Genehmigung zum Durchqueren der Grundstücke durch die Öffentlichkeit – oder um den Kauf notwendiger Grundstücke. Zugleich hatte er angekündigt, Enteignungen in die Wege zu leiten, falls die Verhandlungen scheitern.
Der SPD-Politiker kann sich dabei auf einen Beschluss der Stadtverordneten stützen. Das Verfahren soll laut Beschluss eingeleitet werden, wenn mit den Eigentümern keine Einigung erfolgt. Der Antrag kam von den Linken, die sich in dieser Frage als einzige Partei hinter Jakobs stellt. SPD, CDU und Grüne wollen dagegen ein Mediationsverfahren und eine Bürgerbefragung, die Christdemokraten sind gegen Enteignungen.
Den Grundstückseignern, die den Uferweg sperrten, wurden indes nur noch Kaufangebote unterbreitet. In dem Schreiben wird darauf verwiesen, dass den Eigentümern bei den Gesprächen „mehrfach Verhandlungsangebote unterbreitet“ worden seien und es dabei nicht zu einer Einigung gekommen sei. Um die Uferflächen des Griebnitzsees möglichst bald wieder für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, sei nunmehr beabsichtigt, für die dafür notwendigen Flächen ein „konkretes Kaufangebot“ zu unterbreiten. Derzeit werde ein Verkehrswertgutachten für die Kaufpreisbestimmung erarbeitet. Die Anrainer werden in dem Schreiben gebeten, einem Sachverständigen den Zutritt für die erforderliche Ortsbesichtigung zu gewähren. Abschließend heißt es: „Bitte lassen Sie uns bis zu 8. Mai wissen, ob Sie grundsätzlich bereit sind, die auf ihrem Grundstück im Bebauungsplan für eine öffentliche Nutzung festgesetzten Flächen an die Landeshauptstadt zu veräußern.“
Wie aus Anliegerkreisen zu erfahren war, habe das Schreiben Verärgerung hervorgerufen. So habe es beispielsweise die mehrfachen Verhandlungsangebote so nicht gegeben, hieß es. Informationen über mögliche Reaktionen gab es gestern nicht. Es wurde lediglich bekannt, dass es in den kommenden Tagen zu einem Treffen der betroffenen Eigentümer kommen werde.
Unterdessen haben erste Anlieger damit begonnen, den Uferweg auf ihren Grundstücken zu beseitigen. Wie Büroleiter Hadlich sagte, müsse die Stadt dies „ertragen“, weil der vorhandene B-Plan keine Möglichkeit zum Einschreiten biete. In dem B-Plan sei nach Übereinkunft mit den Eigentümern der Virchowstraße 180 bis 184 ein neuer Verlauf des Uferwegs eingetragen worden. Die Eigentümer hatten sich nämlich bereit erklärt, den Uferweg Richtung Seeufer zu verlegen, um eine größere Fläche ihres Grundstücks privat nutzen zu können. Der neue Weg ist noch nicht gebaut und kann nach der Sperrung auch vorerst nicht gebaut werden. Da der alte Uferweg aber nicht mehr im B-Plan eingezeichnet ist, kann die Stadt auch nicht dagegen einschreiten, dass er jetzt auf Eigentümergelände beseitigt wird.
Am vergangenen Wochenende hatte es Proteste von Anwohnern gegen die Schließung des Uferwegs gegeben. Wie der Verein „Griebnitzsee für alle“ mitteilte, ist der Filmregisseur und Oskar-Preisträger Volker Schlöndorff inzwischen dem Verein beigetreten. Schlöndorff ist selber See-Anrainer und hatte den Uferweg als Jogging-Strecke genutzt.
Michael Erbach
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