Homepage: Der unterschätzte Hofpoet Uni-Publikation über Johann von Bessers
Johann von Bessers (1654-1729) erotisches Gedicht „Ruhestatt der Liebe oder: Die Schoß der Geliebten“ wird manchmal in Anthologien gedruckt. Sein im Jahr 1702 verfasster Bericht über die Krönung Friedrichs III.
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Johann von Bessers (1654-1729) erotisches Gedicht „Ruhestatt der Liebe oder: Die Schoß der Geliebten“ wird manchmal in Anthologien gedruckt. Sein im Jahr 1702 verfasster Bericht über die Krönung Friedrichs III. zum König in Preußen erschien erst wieder 2002 – auf CD. Sonst aber spielt der königliche Hofpoet und Zeremonienmeister in Geschichte und Literaturgeschichte nur eine bescheidene Rolle. Seine Werke gelten als Gebrauchsliteratur, die wie die höfische Dichtung in Preußen generell kaum zur Herausbildung der bürgerlichen deutschen Nationalliteratur beigetragen habe.
Damit werde Besser unterschätzt, meinen der Literaturwissenschaftler Knut Kiesant, an der Universität Potsdam Professor für neuere deutsche Literatur, und sein Historikerkollege Prof. Peter-Michael Hahn. Beide haben, unterstützt von jüngeren Mitarbeitern, jetzt pünktlich zur Leipziger Buchmesse das Gesamtwerk Johann von Bessers vorgelegt, einen Band mit den „Schriften in gebundener und ungebundener Rede“, den zweiten mit den im Bestand des Sächsischen Hauptstaatsarchivs handschriftlich überlieferten „Ceremonial-Acta“, die Besser als Oberzeremonienmeister Friedrichs I. über die Ereignisse am Hofe niederschrieb. Damit wurde der erste Teil eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Universität geförderten Forschungsprojektes veröffentlicht. Folgen sollen zwei Kommentarbände und ein Registerband.
Am Ende des 17. Jahrhunderts strebte der Kurfürst die Erhebung in den Königsstand an. Eine der Voraussetzungen dafür war ein repräsentatives höfisches Leben, das dem anderer europäischer Herscherhäuser nicht nachstand. Bei diesen Bemühungen spielte der 1690 an den Berliner Hof berufene Johann von Besser eine wichtige Rolle. Als Poet brachte er die barocke Hofdichtung auf die Höhe der Zeit; als Oberzeremonienmeister war er verantwortlich für Feste und Feierlichkeiten bis hin zur Königskrönung Friedrichs I., für Empfänge und politische Begegnungen wie das Potsdamer Dreikönigstreffen 1709, für Trauerfeiern, für die „Pressepolitik“ und kannte sich auch in den Hofintrigen bestens aus. Besser machte „den preußischen Hof hoffähig“, bringt Kiesant es auf den Punkt. Der sparsame Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. nahm dem Beamten 1713 alle Ämter, nutzte aber für sein Hofzeremoniell dessen Vorleistungen. 1717 ging Johann von Besser nach Dresden an den Hof Augusts des Starken. Einen Teil seiner „Ceremonial-Acta“ über das preußische Hofleben zwischen 1690 und 1717 nahm er mit.
Bessers in der Zeit eines gesellschaftlichen und kulturellen Umbruchs entstandene Hofdichtung sei aber ein wichtiges Zeugnis der höfischen Kultur. Unterricht in der Dichtkunst gehörte damals zum Regelunterricht im Gymnasium und zum Erziehungsprogramm jedes Prinzen. Die Forschungen dazu sind deshalb im letzten Jahrzehnt europaweit intensiviert worden. Dies betreffe auch die „Gebrauchsliteratur“, die damals wie heute einen bedeutenden Einfluss auf die Gesellschaft hatte. „Wenn Sie wollen, gehört heute jeder millionenfach konsumierte ,Tatort’ dazu“, erklärt Kiesant.
Für seinen Historikerkollegen Prof. Peter-Michael Hahn sind die von Besser hinterlassenen „Ceremonial-Acta“ von besonderem Interesse. Diese Hoftagebücher geben bis hin zur Kleiderordnung und Menüfolge bei Festen detaillierte Informationen über das barocke Hofleben. Hahn ist ein engagierter Verfechter einer streng quellenorientierten Erforschung der brandenburgisch-preußischen Geschichte. Die Veröffentlichung der Schriften Johann von Bessers ist ein Schritt, die Möglichkeiten dafür weiter zu verbessern. Erhart Hohenstein
Hahn, Peter-Michael / Kiesant, Knut (Hrsg.), Johann von Besser (1654-1729): Schriften, Unversitätsverlag Winter, Heidelberg 2009.
Erhart Hohenstein
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