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Landeshauptstadt: Der Weise von Babelsberg

Urania erinnerte an den Astronomen Bürgel

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Am 8. Juli 1948 verstarb in Potsdam der Volksastronom und Schriftsteller Bruno Hans Bürgel. Unter großer Anteilnahme der Bevölkerung wurde er auf dem Goethe-Friedhof zu Grabe getragen. Aus Anlass seines 60. Todestages hatte die Urania gestern zu einer Lesung „Astronomie literarisch“ eingeladen. Im Planetarium stellten dessen Leiter Rolf König und sein 85-jähriger Vorgänger Arnold Zenkert Ausschnitte aus dem Werk Bürgels vor. Dazu zählen nicht nur die in zwei Millionen Exemplaren erschienenen astronomischen Bestseller, sondern auch Romane, philosophische Schriften, Märchen, Humoresken, Karikaturen, etwa 3000 Zeitungs- und Zeitschriftenbeiträge und die 3350 erhaltenen Briefe. Einige dieser Schatzkästlein öffneten König und Zenkert und lasen unter anderem aus solch humorigen Titeln wie dem „Nachruf auf Fridolin“ oder „Die Brathühnerfabrik“.

Zu Lebzeiten wurde der menschliche und gütige Mann „Der Weise von Babelsberg“ genannt. In der Nazizeit erreichten ihn ungezählte Rat heischende Briefe, so von Frauen, die den Krieg als Irrsinn verdammten, von verfolgten Juden, von Häftlingen, von Notleidenden Der Astronom, der seit 1915 in Babelsberg wohnte, fühlte sich in Nazideutschland in einem „tiefen Tal der Kultur“ und erwog, es „stehenden Fußes zu verlassen“. Nach Kriegsende ließ Marschall Shukow verbieten, dass Bürgel durch die Besatzungssoldaten in seiner Arbeit gestört, behindert oder sein Haus besetzt werde. 1945 zählte der Astronom zu den Mitbegründern des Deutschen Kulturbundes.

Die Bürgel-Euphorie hielt jedoch nicht an. Sein Wohnhaus Merkurstraße 10, in dem sich eine kleine Gedenkstätte befand, wechselte 1968 den Besitzer. Kurzerhand wurden Inventar und Nachlass auf ein Pferdefuhrwerk geladen, um sie abzutransportieren. Eine Anwohnerin verhinderte, dass der Nachlass des populären Volksaufklärers in alle Winde verstreut wurde. Auf Betreiben Arnold Zenkerts kam die Gedenkstätte ins Astronomische Zentrum „Bruno H. Bürgel“ im Neuen Garten, wo sie 1971 wiedereröffnet wurde. Im vergangenen Jahr zog sie mit der Urania in deren neues Domizil in der Gutenbergstraße 71/72 um.

Die Gedenkstätte, die den Statuts eines Literaturmuseums besitzt, besteht heute aus zwei Räumen, der eine mit Möbeln, astronomischen Instrumenten sowie der Bibliothek dem Arbeitszimmer Bürgels nachgestaltet, der zweite für den übrigen Nachlass, den Arnold Zenkert geordnet und auf Datenträger gespeichert hat. „Bürgel ist nicht vergessen“, erklärt Rolf König. „Sein Erbe liegt in Potsdam in guten Händen.“ Erhart Hohenstein

Erhart Hohenstein

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