Landeshauptstadt: Der Zug ist noch nicht abgefahren
Schulabgänger müssen jetzt die Weichen für ihre berufliche Zukunft stellen
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Wie soll es weitergehen? Diese Frage bewegt derzeit viele Schülerinnen und Schüler, die am 31. Juli ihr Abschlusszeugnis in den Händen halten werden. „Spätestens jetzt, mit dem Halbjahreszeugnis in der Tasche, sollten sich angehende Schulabgänger um einen Ausbildungsplatz bewerben“, rät Solveig Hannemann, Berufsberaterin der Agentur für Arbeit in Potsdam. Bei sehr großen Unternehmen sei die Bewerbungsfrist für das kommende Ausbildungsjahr bereits abgelaufen.
Wer nach der Schule ein Hochschulstudium beginnen möchte, hat etwas mehr Zeit. Die Bewerbungsfrist für das Wintersemester 2007/2008 endet an den meisten Universitäten und Fachhochschulen sowie an der Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) am 15.Juli des laufenden Jahres. Die ZVS vergibt die Studienplätze in den Fächern Biologie, Medizin, Pharmazie, Psychologie sowie Tier- und Zahnmedizin. Das Bewerbungsverfahren läuft online ab. Informationen dazu gibt es bei den Studienberatungsstellen der Universitäten und Fachhochschulen sowie in den Berufsberatungszentren (BIZ) der Agenturen für Arbeit.
Genau richtig in der Zeit liegen jene Schüler, die sich eineinhalb Jahre vor Schulabschluss über ihren Berufswunsch klar werden. So wie Julia Hübner. Die Neuntklässlerin wird die Carl-von-Ossietzky-Oberschule in Werder im Sommer 2008 verlassen. Sie nutzte die vergangene Ferienwoche, um sich gemeinsam mit ihrer Mutter im BIZ am Horstweg über den Beruf der Erzieherin zu informieren. Kennen gelernt hatte sie das BIZ durch einen Besuch mit ihrer Schulklasse. „Man erfährt hier viel. Zum Beispiel auch etwas über die gesundheitlichen Voraussetzungen, die man mitbringen muss“, sagt sie. Routiniert ruft sie an einem der Computerarbeitsplätze Informationen zu ihrem Wunschberuf ab. Das in allen Schulen übliche Betriebspraktikum wird sie im Mai in einer Kita in Werder absolvieren.
Einige Meter weiter sitzt Julia Heilck vor dem Bildschirm und klickt sich durch das Angebot des BIZ-Servers. Sie besucht die 12. Klasse des Einstein-Gymnasiums und will sich zum Ende des Schuljahres bewerben. „Sozialpädagogik oder etwas im Medienbereich“ schwebt ihr vor. Ihr Traumberuf soll sowohl ihren Interessen entsprechen als auch Chancen auf dem Arbeitsmarkt bieten. „Ich will mich hier vor allem orientieren, welche Berufe es überhaupt gibt und mich für ein Beratungsgespräch anmelden.“ Das BIZ am Horstweg in Potsdam bietet Informationen über rund 360 anerkannte Ausbildungsberufe sowie über zahlreiche Berufe, für die ein Fachhochschul- oder Hochschulstudium erforderlich ist.
„Viele Schüler, die hierher kommen, sind gut informiert und wollen nur noch Adressen haben“, sagt Hannemann. Aber nicht alle hätten so klare Vorstellungen. Ihre Kollegin Mandy Lorsch rät deshalb, sich erst einmal selbst zu befragen: „Was kann ich? Welche Hobbys habe ich?“ Praktika seien eine gute Entscheidungshilfe, aber auch Gespräche mit Eltern und Freunden. „Der Blick von außen ist oft hilfreich“, weiß Lorsch aus Erfahrung.
Wer in diesen Fragen allein gar nicht weiterkommt, kann im BIZ einen kostenlosen Berufswahltest machen. In Einzelgesprächen helfen die Berufsberater, herauszufinden, welche Berufe zum jeweiligen Profil passen. Kfz-Mechatroniker, IT-Spezialisten und Tierpfleger stehen bei vielen Jugendlichen ganz oben auf der Wunschliste. „Gerade für Berufe im IT-Bereich schätzen die Schüler ihre Fähigkeiten oft nicht richtig ein“, weiß Mandy Lorsch. Die Berufsberater können den Schülern sagen, in welchen Fächern sie sich noch besonders anstrengen müssen, um den Anforderungen im Wunschberuf zu genügen. „Gute Noten in Mathematik und Deutsch sind aber immer wichtig“, sagt die Berufsberaterin. Wer schon weiß, was er will, sollte dennoch flexibel bleiben. „Es empfiehlt sich, Alternativen parat zu haben“, rät Solveig Hannemann. „Das kann auch ein weiterer Schulbesuch sein.“ Wer sich nur auf einen Beruf festlege, habe einfach schlechtere Chancen, auf dem Arbeitsmarkt unterzukommen.
In fast allen Schulen gehören ein Besuch im BIZ sowie mindestens ein mehrwöchiges Betriebspraktikum zum Pflichtprogramm. An der Pierre-de-Coubertin- Oberschule befassen sich bereits Siebtklässler mit dem Thema Berufswahl. Seit 2001 nimmt die Schule am Modellprojekt Praxislernen teil. Das vom Netzwerk „Zukunft, Schule und Wirtschaft für Brandenburg“ begleitete pädagogische Konzept sieht Praxislerntage mit projektorientiertem Unterricht, Betriebsbesichtigungen und Praktika vor. Außerdem erstellen die Schüler einen so genannten Berufswahlpass. Sie beschäftigen sich mit Berufsbildern, machen Tests oder schreiben einen Praktikumsbericht. Am Ende der Schulzeit hat jeder einen dicken Ordner, der ihm hilft, seine eigene Entwicklung bei der Berufsfindung nachzuvollziehen. „Unsere Schüler sollen herausfinden, was sie leisten wollen und können“, erklärt Schulleiterin Christiane Ohlert. „Die Kinder brauchen große Unterstützung bei der Berufswahl und dank des Projektes sind sie über Jahre mit dem Kopf an dem Thema dran.“
Unterstützung bietet auch die 1. Potsdamer Ausbildungs- und Studienbörse in der Carl-Friedrich-Benz-Oberschule. Am 22. Februar werden mehr als 40 Aussteller aus Wirtschaft, Handwerk, Wissenschaft und Verwaltung für Fragen zur Verfügung stehen. Universitäten, Fachhochschulen und Oberstufenzentren werden dort neben großen Konzernen wie Bombardier Transportation und Siemens vertreten sein. Aber auch das Bundespolizeipräsidium Ost und die Friseur-Innung Potsdam gehören zu den Ausstellern. Auch das Internet bietet zahlreiche Möglichkeiten, sich über Berufe, Ausbildungswege und Lehrstellen zu informieren. Die Industrie- und Handelskammer Potsdam etwa bietet für die Region Berlin-Brandenburg auf der Lehrstellenbörse ihrer Homepage derzeit 212 freie Ausbildungsplätze in 41 Berufen an. Maren Herbst
Anmeldung für Bewerbungstrainings im BIZ unter Tel 0331/8802149. Die 1. Potsdamer Ausbildungs- und Studienbörse findet am Donnerstag, dem 22. Februar, von 10.30 bis 16 Uhr an der Carl-Friedrich- Benz-Oberschule statt.
Maren Peters
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