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Kurz und gut. Nadine Hildebrand ist nur 1,58 Meter groß, dennoch sprintet sie auf Weltklasseniveau.

© dpa

Sport: Deutschlands schnellste Rechtsanwältin

Hürdensprinterin Nadine Hildebrand startet als Weltjahresbeste beim Istaf-Indoor am Samstag

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Berlin/Leipzig - Vor Gericht braucht man einen langen Atem. Oft sind bis zum Urteilsspruch viele Hürden zu nehmen. Niemand beherrscht diese Fähigkeit besser als Nadine Hildebrand. Die Hürdensprinterin vom VfL Sindelfingen ist Deutschlands schnellste Rechtsanwältin. Am Wochenende verteidigte sie bei den deutschen Leichtathletik-Hallenmeisterschaften in Leipzig ihren Titel über 60 Meter Hürden. Ihre Zeit: 7,92 Sekunden, nur eine Hundertstel langsamer als ihre Bestzeit. Damit reist sie als Mitfavoritin zur Hallen-WM im März in Sopot.

Seit September arbeitet die 26-Jährige halbtags in einer Stuttgarter Anwaltskanzlei und kümmert sich dort unter anderem um Fälle aus dem Bereich Sportrecht. Anschließend fährt sie zum Hürdentraining, das an manchen Tagen auch mal später stattfinden muss, weil ein Gerichtstermin angesetzt wurde. Es ist eine Doppelbelastung, die Nadine Hildebrand gerne in Kauf nimmt. Die Arbeit in der Kanzlei sorgt nicht nur für ein sicheres Einkommen, sondern ist zugleich eine willkommene Abwechslung für den Geist. „Wenn ich den ganzen Tag nur an den Hürdenlauf denken müsste, würde ich verrückt werden“, sagt sie. Als sie nach dem Studium ein halbes Jahr auf Jobsuche war, brachte sie sich selbst Italienisch bei – einfach, weil sie eine Beschäftigung brauchte.

Ausgebremst wurde sie von ihrem neuen Job nicht. Im Gegenteil: Nadine Hildebrand ist in diesem Winter so schnell wie nie zuvor. Beim Hallenmeeting in Karlsruhe verbesserte sich die Achte der Freiluft-EM 2010 Anfang Februar auf 7,91 Sekunden und setzte sich damit an die Spitze der Weltjahresbestenliste. Nur acht Deutsche waren in der Halle jemals schneller. Auf der Tribüne applaudierte sogar Susanna Kallur aus Schweden, die 2008 an selber Stelle Weltrekord gelaufen war (7,68).

Wer nun dachte, dass Hildebrands Führung nicht lange Bestand haben würde, sobald die Leichtathletiksaison erst einmal richtig Fahrt aufnimmt, sah sich getäuscht. Mittlerweile sind es nur noch zwei Wochen bis zu den Hallen-Weltmeisterschaften in Sopot und die Frau aus Schwaben ist immer noch die Schnellste der Welt, gemeinsam mit US-Sprinterin Janay DeLoach-Soukup. Mittlerweile gilt sie als heiße Medaillenanwärterin für die Titelkämpfe in Polen, wo sie in Abwesenheit der verletzten Ex-Halleneuropameisterin Carolin Nytra (Mannheim) und der zum Mehrkampf gewechselten Cindy Roleder (Halle) die deutsche Leichtathletik repräsentieren wird.

Die Generalprobe für die Weltmeisterschaften steigt am kommenden Samstag in der Berliner Arena am Ostbahnhof. Beim Istaf-Indoor trifft Hildebrand dort unter anderem auf die Olympiasiegerin von 2012, Sally Pearson aus Australien und die Olympiadritte von London, Kelli Wells aus den USA. „Dass ich auch gegen internationale Konkurrenz bestehen kann, habe ich schon mehrfach bewiesen“, sagt sie. „Ich weiß: Egal welche Namen neben mir stehen, ich brauche keine Angst zu haben. Ich kann es mindestens genauso gut wie sie.“

Es ist ein vollkommen neues Gefühl für Nadine Hildebrand. Im Vergleich zu den Großen der Szene war die Sindelfingerin bislang nicht bloß wegen ihrer Körpergröße von nur 1,58 Meter eine kleine Nummer. Vor allem bei der Sprintschnelligkeit war ihr die internationale Konkurrenz noch ein ganzes Stück voraus. Im Winter feilte sie deshalb intensiv an ihrer Geschwindigkeit. Schließlich ist der Schützling von Trainer Werner Späth mehr als andere darauf angewiesen, zwischen den Hindernissen Tempo zu machen: Wegen ihrer geringen Größe hat sie längere Flugzeiten und kann nach jeder Hürde erst ein, zwei Hundertstel später als ihre Gegnerinnen wieder zum Antritt ansetzen. Ein Manko, das sie jedoch nicht daran gehindert hat, in diesem Winter voll durchzustarten. Konstantin Jochens

Konstantin Jochens

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