zum Hauptinhalt

Aus dem GERICHTSSAAL: Diagnose: Kleptomanie

Diebstähle im Zustand der Schuldunfähigkeit / Freispruch

Stand:

Aus dem GERICHTSSAALDiebstähle im Zustand der Schuldunfähigkeit / Freispruch Jeder Dieb wird bestraft, wenn er lange Finger macht. Nicht so Monika M. (48, Name geändert). Die Potsdamerin leidet nachweislich unter Kleptomanie, ist deshalb in nervenärztlicher Behandlung. Bereits in der Vergangenheit wurde sie mehrfach beim Ladendiebstahl ertappt, landete auf der Anklagebank. Ein Gutachter bescheinigte ihr damals , in schweren depressiven Phasen dermaßen die Kontrolle über sich zu verlieren, dass sie nicht mehr wisse, was sie tue. So wurde sie wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen. Am 11. August 2003 wurde die dreifache Mutter bei Netto erneut beim Diebstahl – diesmal waren es Melone, Vanillemilch und Kaba für 4,11 Euro – ertappt. Am 3. Juni 2004 beobachtete ein Detektiv, wie sich Monika M. bei Edeka Schlagsahne, Rotwein, Brot, Brötchen und Gelantine in ihren Beutel steckte, den Markt verließ, ohne die Waren im Wert von rund 22 Euro zu bezahlen. „Ich habe es gemacht. Es tut mir auch Leid“, gestand Monika M. gestern vor dem Amtsgericht. „Eine Weile habe ich versucht, überhaupt nicht mehr einkaufen zu gehen, um nicht erneut in Versuchung zu geraten.“ Irgendwann habe sie sich, bestärkt durch die ärztlich verordneten Medikamente, fit genug gefühlt, wieder alleine einen Markt zu betreten. „Ist Ihnen das in jüngster Zeit noch einmal passiert?“, wollte der Vorsitzende wissen. Die Frau gestand, im August erneut rückfällig geworden zu sein. „Das war in meinem Urlaub. Da hatte ich wieder ganz schlimme Depressionen“, berichtete sie. Bereits zweimal – so Werner Platz (64), Hochschullehrer für forensische Psychiatrie – sei die normal intelligente Angeklagte von ihm begutachtet worden. Neben Alkoholmissbrauch habe er ihr Bulimie (Ess-/Brechsucht), Selbstzerstörungswahn, Suizidabsichten sowie Kleptomanie attestiert. „Sie leidet an einer Störung der Impulskontrolle, ist ohne Medikamente nicht in der Lage, Dinge des Alltags zu regeln. Da sie unzureichend durchsetzungsfähig ist, kann sie mit Konflikten nicht adäquat umgehen, verfällt in Depressionen.“ Man könne davon ausgehen, dass Monika M. in solchen Phasen schuldunfähig sei, betonte der Experte. „Ich werde jetzt von meinem Nervenarzt medikamentös neu eingestellt. Danach werde ich mich in psychologische Behandlung begeben“, versicherte die u. a. wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in zwei Fällen Vorbestrafte. „Ich gebe den Kampf nicht auf, dass ich es schaffe, ganz normal zu leben.“ „Fehlt es am Vorsatz, eine Straftat zu begehen, kann der Täter auch nicht dafür verurteilt werden“, befand der Richter. Da nicht auszuschließen sei, dass die Angeklagte zum Zeitpunkt der Diebstähle erneut schwer depressiv war, sie ihr Handeln somit nicht mehr steuern konnte, sei sie freizusprechen. Hoga

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })