Links und rechts der Langen Brücke: Diametral
Für Michael Erbach ist die Entscheidung über den Verkauf von Griebnitzseegrundstücken eine Entscheidung mit bundespolitischer Bedeutung
Stand:
Welchen Nutzen hat der Erwerber eines Seegrundstückes in bester Lage – wenn der Flächennutzungsplan dort nur eine Grünfläche vorsieht? Was hat der Erwerber dieses Seegrundstücks von seinem gekauften Land – wenn er dort nicht bauen darf? Und warum kauft jemand ein solches Grundstück – wenn er doch weiß, dass der in Arbeit befindliche Bebauungsplan für das Gebiet genau auf seinem Eigentum einen öffentlichen Uferpark vorsieht, er also mit Enteignung rechnen muss? Es müssen schon handfeste Gründe vorliegen, um sich unter diesen Maßgaben an einem Ausschreibungsverfahren zum Grundstückserwerb am Griebnitzsee zu beteiligen. Für die 51 Grundstücke liegt das Mindestgebot bei drei Millionen Euro. Dabei hatten sich die Stadt Potsdam als Initiator für den öffentlichen Uferpark und die für den Verkauf der Grundstücke zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) längst auf einen Kaufpreis von 2,6 Millionen Euro geeinigt. Doch dann kam die Kaufofferte von Griebnitzsee-Anrainern in Höhe von drei Millionen Euro – und die Bima hatte nichts Besseres zu tun, als von der gutachterlichen Einigung zurückzutreten und das öffentliche Höchstgebotsverfahren einzuleiten. Der Anwalt der meistbietenden Anrainer, Christoph Partsch, hat nun in aller Deutlichkeit die Motivation für den millionenschweren Geldeinsatz von privater Seite klargestellt: „Die Anrainer haben ein Interesse daran, dass die Gärten vor ihren Häusern frei bleiben.“ Das Kalkül: Nachdem die Stadt bereits Teile des Uferbereichs am Griebnitzsee für die Öffentlichkeit aufgeben musste, weil dort private Eigentümer den früher öffentlichen Uferweg rechtskräftig sperrten, soll der Stadt nunmehr auch der Zugriff auf die restlichen früheren Mauergrundstücke am See verleidet werden. Bekommt die Stadt den Zuschlag, wird der Druck auf die Anrainer, den im B-Plan vorgesehenen öffentlichen Uferweg über ihre Grundstücke wieder zuzulassen, größer. Ist das Ufer weitgehend in privater Hand, so der Hintergedanke, wird die Stadt ihre Uferparkpläne wohl aufgeben – angesichts der zu erwartenden rechtlichen Auseinandersetzungen, deren Ausgang ungewiss ist, die viele Jahre dauern dürften und viel Geld kosten werden. Die Bima beruft sich darauf, meistbietend verkaufen zu müssen. Allein die Politik kann daher noch entscheiden, dass am Griebnitzsee Gemeinwohl über Privatinteressen gestellt wird. Angesichts der kaum gegensätzlicheren – also diametralen – Interessenlagen von Stadt und Anrainern dürfte die Entscheidung ein Stück weit zeigen, wie diese Republik aufgestellt ist.
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