Aus dem GERICHTSSAAL: Diaprojektor als Objekt der Begierde
Je 200 Euro Geldbuße gehen an die Potsdamer Tafel
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„Wenn Sie nur behaupten, sie hätten die Tat nicht begangen, ist das wenig aussagekräftig. Wir brauchen ein paar Einzelheiten. Es hat ja einen Grund, dass Sie heute hier sitzen“, gibt Amtsrichter Thomas Lange zu bedenken. Das Duo auf der Anklagebank schweigt allerdings erst einmal weiter. Schon während des Ermittlungsverfahrens versicherten Stefan S.* (27) und Adrian A.* (26), sie seien zu Unrecht des Diebstahls bezichtigt worden. Die jungen Männer sollen am 14. Oktober 2007 während einer Party der Fachhochschule einen Diaprojektor im Wert von 300 Euro ins Freie geschafft haben, um ihn später für sich zu verwenden. Außerdem seien sie von Feiernden dabei beobachtet worden, wie sie mit einem hochwertigen Verstärker im Haus unterwegs waren. Der tauchte aber später wieder auf. Wo der Projektor „Polylux“ geblieben ist, geht aus der Gerichtsakte nicht hervor. „Wir haben ihn nicht gestohlen“, beteuern Stefan S. und Adrian A. übereinstimmend. „Plötzlich war die Polizei da. In dem allgemeinen Trubel konnten wir uns dann gegen die Vorwürfe nicht mehr wehren.“
„Wir haben diverse Zeugen geladen. Die sagen bestimmt nicht positiv für Sie aus“, gibt der Staatsanwalt zu bedenken. „Geben Sie sich einen Ruck und erzählen Sie, was wirklich passiert ist.“ „Ich weiß, dass ich bei der Polizei von Partygästen belastet worden bin. Ich hatte keine Möglichkeit, die Vorwürfe zu entkräften“, meint Stefan S. Dann gibt er zu, sich während des Events für den einen oder anderen ausgestellten Gegenstand interessiert, ihn auch mal angefasst zu haben. „Aber ich war mit meiner Freundin da“, so der Solaranlagenbauer. „Da hatte ich andere Dinge im Sinn, als zu klauen.“
„Ich bezweifle entschieden, an dem Kabel des Projektors herumgefummelt zu haben, wie es mir die Anklage vorwirft“ schaltet sich Adrian A. ein. „Stehlen ist außerdem nicht mein Ding.“ Das stimmt. Bislang verstieß der Student der Theaterwissenschaften nicht gegen Recht und Gesetz. Anders sein Kumpel Stefan S. Dessen Bundeszentralregisterauszug weist drei Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Eintragungen wegen Diebstahls im besonders schweren Fall sowie wegen einfachen Diebstahls auf. Doch die liegen mehrere Jahre zurück. Der Staatsanwalt ist daher bereit, das Verfahren gegen die Angeklagten vorläufig einzustellen. Allerdings sollten sie einen Geldbetrag an eine gemeinnützige Einrichtung zahlen. „Ein Freispruch ist das nicht. Aber die Sache taucht auch nicht im Register auf“, gibt er zu bedenken. „Es ist eine Chance“, betont der Vorsitzende, schlägt je 200 Euro Buße an die Potsdamer Tafel vor. Die gebürtigen Sachsen gehen in sich, stimmen schließlich zu. Wenn sie die Zahlung bis zum 15. November nachweisen, wird die Akte für immer geschlossen. (*Name geändert.) Hoga
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