Landeshauptstadt: Dicke Luft sorgt für Licht
Der Potsdamer Mülldeponie wird Gas entzogen, um Strom zu erzeugen – für 3577 Haushalte jährlich
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Die dicke Luft der Fresdorfer Heide versorgt jährlich 3577 Zwei-Personen-Haushalte mit Strom: Damit läuft die Energieerzeugung auf der ehemaligen Mülldeponie für Potsdam und Berlin-West zwölf Monate nach Inbetriebnahme des Blockheizkraftwerkes auf Hochtouren. Enrico Munder, Geschäftsführer der Potsdamer Stadtentsorgung (Step), hält eine Laufzeit von bis zu zehn Jahren für das kleine, knapp drei Millionen Euro teure Kraftwerk für möglich. Während die Anlage derzeit zur Stromerzeugung Deponiegas verbrennt, seien danach Biogas aus biologischen Abfällen und nachwachsende Rohstoffe als Brennstoffe möglich, sagte Munder. Das Entsorgungsunternehmen müsse nach Schließung der umsatzstarken Deponie Ende Mai 2005 neue Einnahmequellen erschließen, so sei für Munder später auch eine Solaranlage auf dem 24 Hektar großen Deponiegelände vorstellbar.
37 Brunnen sind in die bis zu 33 Meter tiefen Müllablagerungen südlich von Saarmund gebohrt worden, um das Gas aus dem Müll abzusaugen. Dabei dürfe der Ansaugdruck der Anlage nicht zu stark sein, erklärte der für das Kraftwerk verantwortliche René Hartmann. Ansonsten würden die Bakterien, die den Zersetzungsprozess im Müll vorantreiben und das Gas produzieren, zerstört. Das Gas wird in kleinen Stationen gesammelt und per Leitungen erst in die Verdichtungsanlage, dann weiter zur Verbrennung in einen herkömmlichen 16-Zylinder Otto-Motor transportiert. Während andere Deponiebetreiber eine Fackel zur Gasverbrennung auf den Müllhaufen gestellt haben, sind Methan- und Kohlendioxidwert des Gases in der Fresdorfer Heide derart hoch, dass sich eine Verbrennung zur Stromerzeugung wirtschaftlich nach drei bis vier Jahren lohne, sagte Munder gestern. Beim Besuch der Potsdamer Umweltbeigeordneten Elona Müller auf der Deponie zeigten die Messinstrumente eine Gaszusammensetzung aus 50 Prozent Methan, 30 Prozent Kohlendioxid sowie anderen Gase an.
Die im Verbrennungsprozess erzeugte Wärme macht den Step-Mitarbeitern jedoch zu schaffen. Derzeit müssen die Anlagen aufwendig gekühlt werden, da ein Wärmeabfluss bislang an den zu hohen Kosten gescheitert sei. Die Wärmeleitungswege bis beispielsweise zum Rosengut Langerwisch oder in die Gemeinde Saarmund, die laut Munder geprüft worden sind, seien zu weit und damit unwirtschaftlich. Und da er keine lebenslange Garantie für die Erzeugung der Wärme geben könne, wollte sich bislang auch kein Unternehmer direkt nebenan ansiedeln, um seine Gewächshäuser mit der Wärme zu versorgen. Daher nutze die Step die Anlage derzeit nur zur Eigenversorgung des kleinen Bürohauses auf dem Gelände.
Die Renaturierungsarbeiten auf der Deponie mit ihren 4,5 Millionen Kubikmeter Zivilisationsabfall aus 28 Jahren Müllbetrieb stehen ebenfalls vor dem Abschluss. Drei Mitarbeiter der Step kümmern sich derzeit um die Maßnahmen: Von der Verdichtung des reinen Hausmülls bis hin zu sechs verschiedenen Schichten Abdichtung und Muttererde. Danach soll die Fläche begrünt, sogar mit Kräuter- und Steingärten versehen werden. Das Grundwasser unter der Deponie sei vom Müll nicht beeinträchtigt, erklärte Munder. Die aus zwölf Grundwassermessanlagen entnommenen und später in Laboren ausgewerteten Wasserproben seien allesamt sauber. Selbst das Kondenswasser des Deponiegases sei bislang nicht kontaminiert, so dass es statt als Sondermüll in Kläranlagen entsorgt werden konnte, sagte Munder.
Eine Änderung wird es zu Jahresbeginn auf Geschäftsführerebene geben. Munder bleibt, ihm zur Seite steht ab Januar aber nicht mehr Dirk Matthies, sondern René Klickermann. Er wird für das Unternehmen Remondis, das 49 Prozent der Step- Anteile hält, als kaufmännischer Geschäftführer arbeiten.
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