Landeshauptstadt: Die andere Seite
Als Polizeikommissar verhindert der 22-jährige Daniel Stange Ausschreitungen bei Demonstrationen
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Die schützende Sachlichkeit hat der junge Polizist schon verinnerlicht. „Professionelle Distanz“ nennt der 22-jährige Daniel Stange seine Reserviertheit. Das helfe beispielsweise, wenn man zu einem Verkehrsunfall gerufen werde, bei dem Menschen schwer verletzt wurden oder sogar zu Tode kamen. Ebenso hilfreich sei die Haltung auch, wenn sich ein Verkehrsteilnehmer durch eine Geschwindigkeitskontrolle provoziert fühle. Um der Situation das Konfliktpotenzial zu nehmen, versuche er seinem Gegenüber „die Maßnahme zu erklären und so für Verständnis zu sorgen“, sagt der Polizeikommissar. Auch wenn das nicht zustande käme, würde er mit sachlicher Bestimmtheit die Kontrolle durchführen. Sich provozieren zu lassen, bringe jedenfalls gar nichts, so der 22-Jährige. Das lerne man auch während der Ausbildung.
Deeskalation sei wichtig – in jeder Situation. So auch, wenn zum Beispiel Fußballfans von Babelsberg 03 auf die Anhänger gegnerischer Mannschaften treffen. Oder wenn – wie gestern – seine Altersgenossen gegen das Außenministertreffen der G8-Staaten im Cecilienhof demonstrierten. Er habe sich bewusst für die andere Seite entschieden, erklärt Daniel Stange. Er gehört zurzeit zur Hundertschaft der Bereitschaftspolizei der Landeseinsatzeinheit (Lese), die unter anderen den Konvoi von Condoleeza Rice und Amtskollegen flankierte.
Polizist zu werden, sei nicht sein Kindheitstraum, gesteht er. Erst zwei Jahre vor seinem gymnasialen Abschluss habe er sich überlegt, „was ich Sinnvolles mit meinem Abitur machen könnte.“ Und weil er sehr geschichtsinteressiert sei und sich aktiv an der „Durchsetzung der Grundwerte des Rechtsstaates“ beteiligen wolle, habe er die gehobene Laufbahn bei der Polizei eingeschlagen. Dazu absolvierte er bereits ein dreijähriges Studium an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg zum Diplom-Verwaltungswirt. Der junge Mann mit einem silbernen Stern auf der Schulterklappe seiner Uniform will es noch weit bringen. Sein Wunsch ist es, nach zwei Jahren bei der Bereitschaftspolizei – bei der Lese ist er seit Oktober vergangenen Jahres – in das Kommissariat für politisch motivierte Kriminalität versetzt zu werden. Das sei der „moralische Hintergrund“ seiner Berufswahl. Natürlich habe er sich damit auch für einen krisensicheren Job entschieden, gibt Daniel Stange zu.
Unter seinen Freunden sei sein Beruf „absolut akzeptiert“. Einige hätten sogar gesagt, „dass Polizist ganz gut zu mir passt“, erzählt er. Im Bekanntenkreis hingegen seien schon ein paar Nasenrümpfer. Mit denen gebe es „politisch keinen Konsens“, sagt Daniel Stange. Da würde dann schon mal öfter kontrovers über polizeiliche Maßnahmen diskutiert. Ganz sachlich. „Schließlich kann man über alles reden“, erklärt der 22-Jährige.
Ganz frei von Fehlern, wie es scheint, ist denn auch der Polizeikommissar nicht. Er hätte auch schon mal einen Strafzettel kassiert, gibt er zu. Weil er zehn km/h zu schnell gefahren war.
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