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Das waren noch Zeiten. Im Jahr 2009 bejubelte Holger Rupprecht den Aufstieg des VfL in die Zweite Bundesliga. Der Wiederaufstieg ist nun in Gefahr.

© Olaf Möldner

Sport: „Die Diskussion hat allen geschadet“

VfL Potsdams Präsident Holger Rupprecht kritisiert die Stadt und sieht den Aufstieg seiner Handballer in Gefahr

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So richtig auf den Punkt bringen will es Holger Rupprecht zwar noch nicht. Aber wenn sich der Präsident des Handball-Drittligisten VfL Potsdam zur derzeitigen Situation in seinem Verein äußert, ist herauszuhören, dass das avisierte Saisonziel – der sofortige Wiederaufstieg in die Zweite Bundesliga – ad acta gelegt ist. Der Grund ist nicht auf sportlicher Seite zu suchen. Die Potsdamer stehen seit mehreren Wochen an der Tabellenspitze und hätten ohne Frage das Potenzial, um in der Zweiten Liga mitzuhalten. Allerdings leidet der VfL unter finanziellen Problemen. „Wir kriechen auf dem Zahnfleisch“, sagt Rupprecht. Zugesagte Sponsorengelder in Höhe von rund 100 000 Euro seien nicht gekommen und dies habe man nicht kompensieren können.

Eine Mitschuld an der finanziellen Misere gibt er auch der Stadt. „Die Diskussion, die um das Sponsoring im Sport entfacht wurde, ist ganz schlecht für die Potsdamer Vereine“, so der einstige Minister für Bildung, Jugend und Sport. „Diese Diskussion hat bislang allen geschadet.“ Auf der Suche nach potenziellen Geldgebern müsse er sich immer wieder anhören, dass Sponsoren mit Hinweis auf die Diskussionen um „Mauscheleien zwischen Politik und Wirtschaft“ ihr Engagement beenden oder gar nicht erst ins Sponsoring einsteigen. Die Frage nach einer Offenlegung des Sportsponsorings wurde vor zwei Jahren laut, als der Fußball-Drittligist SV Babelsberg 03 vor dem finanziellen Aus stand (PNN berichteten).

Für eine Saison in der Zweiten Bundesliga, so Rupprecht, müsste der Verein rund 800 000 Euro aufbringen. Eine utopische Summe in Anbetracht der derzeitigen finanziellen Lage. „Gute Spieler kosten auch gutes Geld“, sagt der Vereinspräsident. Die endgültige Entscheidung über einen eventuellen Aufstieg wird er noch in diesem Monat mit dem Vorstand treffen. Zuvor soll es noch eine Sponsorenveranstaltung geben: „Danach werden wir sehen, wie es weitergehen kann.“ Für die Mannschaft, so weiß auch Rupprecht, sei die derzeitige Situation außerordentlich schlimm. Denn: Sportlich gesehen bestimmt sie die Liga – allerdings müsse vorerst die Existenz des Vereins abgesichert werden. Erst dann dürfe man das sportliche Ziel wie den Aufstieg sehen.

Dennoch haben die Männer um Trainer Rüdiger Bones ein Einsehen in die Lage und sind auch bereit, die Sache mitzutragen. Mit dem Mannschaftsrat wurde ausführlich gesprochen und auch mit jedem einzelnen Spieler. Das Ergebnis: Jeder Spieler verzichtet vorerst bis zum 1. Juni auf einen Teil seines Gehalts. „Die Größenordnung ist bei jedem von uns anders“, sagt Linksaußen-Spieler Marvin Sommer. „Aber wir haben ja auch einige Studenten im Team, die allein von diesem Geld leben. Leicht ist das also nicht.“

Eine erste Konsequenz hatte die finanzielle Misere bereits: Alexander Auerbach, der erst zu Saisonbeginn von der HSG Düsseldorf nach Potsdam gewechselt war und sich sehr schnell als Rückraumspieler zur festen Größe in der Mannschaft entwickelt hatte, nahm seinen Hut und schloss sich dem Zweitligisten ASV Hamm-Westfalen an. „Das ist für uns ein ganz herber Verlust“, so Rüdiger Bones. Doch nicht genug damit: In den kommenden Spielen wird er auch auf seinen Leistungsträger Lars Melzer verzichten müssen, der sich an der Schulter verletzt hat. „Damit fallen uns zwei ganz wichtige Kräfte weg“, sagt der Trainer. „Und neben allem anderen ist auch das nicht gut für die Moral der Truppe.“ Diese gibt sich dennoch kämpferisch, wenn es ums sportliche Ziel geht. „Wir wollen auf alle Fälle am Ende Erster werden“, bekräftigt Marvin Sommer. „Wir erledigen unseren sportlichen Teil, und das machen wir gut. Für alles andere ist der Vorstand zuständig.“

Ob die VfL-Spieler sich trotz aller Probleme auf den Ligaalltag konzentrieren können, müssen sie am Sonntag ab 16 Uhr unter Beweis stellen. Dann ist der HF Springe zum ersten Punktspiel nach der Winterpause in der MBS-Arena zu Gast. Vor einigen Wochen wären die Gastgeber noch in der Favoritenrolle gewesen. Diesmal ganz sicher nicht.

Den Ereignissen kann indes auch Rüdiger Bones nicht vorgreifen. Für die Beschaffung der nötigen Mittel sind andere zuständig. Dennoch macht sich der Trainer seine Gedanken darüber, wie es mit dem Verein weitergehen soll. Und er hat eine klare Vorstellung. „Um eine stabile Zweitligamannschaft in Potsdam auf die Beine zu stellen, brauchen wir unbedingt die Kooperation mit den Füchsen Berlin“, so Bones. „Unser Nachwuchs ist derzeit keine Größe. Bei den Füchsen mit Teams in der Ersten und Dritten Liga treffen wir jedoch auf einen riesigen Fundus aus großer Nachwuchsarbeit. Und was diese jungen, bestens ausgebildeten Spieler können, haben wir ja erst kurz vor Weihnachten gesehen, als wir in Berlin eine Niederlage einstecken mussten. Eine Zusammenarbeit mit diesem Verein würde uns somit auch finanziell sehr entlasten.“

Henner Mallwitz

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