zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Die Drehorgeln hätte Luise geliebt

Das Fest für eine Königin gewinnt an Qualität, doch dem Platz fehlt es an royalem Flair

Stand:

Innenstadt - „Luise, mein Schatz, komm uff’n Luisenplatz“, hatte Veranstalterin Barbara Schubert am Wochenende zum zweiten Mal gelockt und sich eine Menge einfallen lassen, damit die Potsdamer ihren Spaß mit der einst heiß geliebten Königin haben konnten. Wahrscheinlich aber hätte Luise erst einmal königliche Order ausgegeben, um den Platz etwas festfreundlicher aussehen zu lassen. Sie hätte etwa den Springbrunnen angedreht, der ausgerechnet am Festwochenende abgestellt war und sie hätte wohl statt des unsäglichen kahlen Pflasters für etwas mehr schattenspendendes Grün gesorgt. Wenn das Fest aber so weiter wächst wie bisher, dann bekommt die Zeremonienmeisterin Schubert auch das noch in den Griff.

Bei der Wahl ihrer aktiven Luisen-Gäste hatte sie jedenfalls ein sehr glückliches Händchen. So war allein schon der unermüdlich kurbelnde Auftritt der 25 Drehorgelspieler aus Berlin ein Spaß für sich. Und wenn man dann noch erfährt, dass zum Beispiel der „Mercedes unter den Drehorgeln“ – wie Christa Hohnhäuser ihre Bacigalupo bezeichnet – einmal von einem Elefanten gedreht wurde, dann bekommt man Appetit, immer noch mehr über die Instrumente zu erfahren. Die „Elefantenorgel“ ist über 100 Jahre alt, restauriert und eines der Schmuckstücke im Verein der Drehorgelfreunde Berlin.

Auch die Gäste aus Indonesien – das Land hatte als niederländische Kolonie und über Forscher wie die Humboldts enge Beziehungen zum preußischen Hof – waren eine Augenweide. Ihnen am Samstag im prallen Sonnenschein zuzuhören, war jedoch weniger angenehm.

Am Sonntag hatte dann der Himmel ein Einsehen und bewölkte sich, der Springbrunnen sprudelte leider immer noch nicht. Unterstützt vom Brieftaubenverband Potsdam ließ das Königspaar weiße Tauben in den Himmel starten, Luise und Gemahl Friedrich Wilhelm III. lächelten charmant, die hauseigene Grenadiergarde Nr. 6 und Gäste vom Prinz Heinrich Füsilier Regiment Spandau standen stramm und dazu spielten Gäste aus dem süddeutschen Schönaich schwungvolle Musik. Gemeinsam marschierte der Tross zum Fest in der Alexandrowka, gefolgt vom Königspaar in der Kutsche. Luises Faible für Zar Alexander ist bekannt. Den hat sie noch kennengelernt, die Alexandrowka nicht mehr. Als sie eingeweiht wurde, war Luise schon tot. Doch bei solchen Festen darf man die Historie ein bisschen zurechtbiegen, zumal sich Luise in der Russischen Kolonie und seinem ländlich-grünen Flair bestimmt wohl gefühlt hätte. Auch spöttische Majestätsbeleidigung wurde nicht geahndet. Als einer der Leierkastenmänner rief: „Es lebe der König, die Demokratie und die Hartz-Vierler“, ging das im Gelächter unter. Am Nachmittag bekamen noch alle Luisen, die sich meldeten, ein kleines Präsent und es wurde eine vom Wiener Café spendierte Luisentorte angeschnitten. Eingenommene Spendengelder gehen an die Telefonseelsorge. dif

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })