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Landeshauptstadt: Die Garnisonkirche gehört zu Potsdam

„Bürgerbegehren gegen Garnisonkirchegestartet“ vom 20. MärzDie Garnisonkirche stand doch schon viel länger als bis zu dem Zeitpunkt als sie von den Faschisten missbraucht wurde.

Stand:

„Bürgerbegehren gegen Garnisonkirche

gestartet“ vom 20. März

Die Garnisonkirche stand doch schon viel länger als bis zu dem Zeitpunkt als sie von den Faschisten missbraucht wurde. Und kann damit doch nicht für das „Tausendjährige Reich“ verantwortlich gemacht werden kann. Die Garnisonkirche gehört nun mal so zu Potsdam wie das Stadtschloss, der Palast Barbarini und Sanssouci. Ich persönlich warte als „alter Potsdamer“ schon seit der Wende darauf, dass Potsdam wieder so schön wird, wie meine Heimatstadt vor 1945 einmal war. Ich bin jetzt 77 Jahre alt und befürchte, dass mein Wunsch zu meiner Zeit, die ich noch zu leben habe, nicht mehr in Erfüllung gehen wird. Ja, ich würde mich sehr freuen, wenn die Garnisionkirche recht bald in alter Schönheit wieder erstehen würde. Wenn es einen Walter Ulbricht nicht gegeben hätte, der die Kirchenruine hat sprengen lassen, würde nach meiner Meinung die Garnisonkirche schon lange wieder in der Breiten Straße stehen können. Die Nikolaikirche und das Alte Rathaus stehen doch auch wieder – auch wenn sie nicht so stark zerstört waren.

Karl-Heinz Keßler, Potsdam

Ich hatte heute in Potsdam zu tun und war dort auch unter anderem beim Friseur. Da war auch ein älterer Herr als Kunde, der eindeutig zur früheren SED-Nomenklatura in Potsdam gehörte, sich auch so outete und ganz gewiss jetzt Mitglied in der Linkspartei ist. Er rechtfertigte unter anderem in sehr starken Worten das Vorgehen von Putin auf der Krim und lobte die Wichtigkeit guter deutsch-russischer Beziehungen über alle Maßen, auch schon die vor der Sowjetzeit.

Als ich ihm sagte, dass ja Potsdam 1805 die Keimzelle der preußisch-russischen Freundschaft war, fragte er, wo das war. Ich entgegnete, es war in der Garnisonkirche. Da wurde er baff und wollte meinen Worten kaum glauben. Er sagte, er verbinde die Garnisonkirche immer nur mit dem „Tag von Potsdam“. Ich sah mich nun genötigt, ihm das ganze Geschehen des Jahres 1805 zu erklären. Er sagte, er habe das nicht gewusst und viele seiner Freunde wissen das auch nicht. Es ist sicher daher wichtig, klarzumachen, dass es gerade die Garnisonkirche war, die durch das Treffen von Friedrich Wilhelm III., Königin Luise und Zar Alexander I. zur Keimzelle der so fruchtbaren deutsch (damals noch preußisch)-russischen Freundschaft und Waffenbrüderschaft wurde, die für das ganze 19. und frühe 20. Jahrhundert (und dann auch wieder zu DDR-Zeiten) so prägend und segensreich war, gerade auch für diejenigen, die die deutsch-russischen Beziehungen – bedingt auch durch ihre Biografie – für immer noch etwas Heiliges halten. So sollte man den ganzen Facettenreichtum der Garnisonkirche allen bekanntmachen – sodass dort Johann Sebastian Bach auf der Orgel spielte und der letzte Organist Otto Becker in Personalunion auch Organist an der Potsdamer Synagoge war etc. – und dies nicht nur immer auf den natürlich schlimmen „Tag von Potsdam“ kaprizieren, denn als dieses traurige Schauspiel stattfand und die Kirche missbraucht wurde, war sie bereits über 200 Jahre alt!

Hans Berg, Berlin

Potsdam ist auf dem besten Weg, durch die Häufigkeit und die geringe Wertigkeit seiner Bürgerbegehren in Deutschland die traurige erste Stelle einzunehmen. Obwohl dort auch kleine Minderheiten durch eine ausreichende Zahl kleiner Parteien und Gruppierungen im Stadtparlament vertreten sind, ist kein Anlass zu gering, die große Keule des Bürgerbegehrens aus dem Sack zu holen - und damit Bürgermeister und Stadtverordnete zu ermüden. Wann endlich begreift man, dass Bürgerbegehren ein seltenes Ereignis bleiben müssen, um nicht abzustumpfen und die Volksvertreter – die auch im Erfolgsfall immer nur eine kleine Minderheit der Bevölkerung vertreten – resignieren zu lassen. Die sogenannte basisdemokratische Bewegung fordert meist die Beibehaltung vertrauter Traditionen und erzwingt zukunftsfeindliche und teurere Beschlüsse, für deren Folgen sich weder diese Basis noch Initiatoren später verantworten wollen. Politiker kann man durch Abwahl abstrafen. Im Zeitalter schneller elektronischer Medien und Foren wäre es eher an der Zeit, die Hürden für emotionsgeladene Schnellschüsse durch längere Abkühl- und Bedenkphasen und eine Erhöhung des repräsentativen Bevölkerungs-Prozentsatzes zu bremsen.

H. Zinnäcker, Werder

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