Von Brigitte Einbrodt: Die Gesichter Westafrikas
Eine Porträtausstellung der Fotografin Barbara Thieme ist im Stadthaus zu sehen
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Der Stolz in den Gesichtern, die Anmut der Körperhaltung, die Farben der Gewänder - was ist das Geheimnis dieser Menschen aus Westafrika, die von der Potsdamer Fotografin Barbara Thieme porträtiert wurden? Der Potsdamer Oberbürgermeister war begeistert von diesen Gesichtern. „Sie sind bezaubernd“, sagte Jann Jakobs anlässlich der Ausstellungseröffnung im Potsdamer Stadthaus. Die Ausstellung im Flur der zweiten Etage wurde aktuell bis zum 30. Juni verlängert.
Etwa sieben Flugstunden sind die westafrikanischen Staaten Gambia und Senegal von Deutschland entfernt. Doch ist es eine besondere Zeitreise – unabhängig von Stunden – in fremde Länder und Kulturen. Barbara Thieme besuchte eine Studienfreundin, die mehrere Monate im Jahr in einem kleinen afrikanischen Dorf lebt. Nach der ersten Neugier auf die Ferne merkte sie schnell: „Hier finde ich die ersehnte Gelassenheit.“ Barbara Thieme suchte aber auch Gespräche. „Wichtig war für mich, die familiären Strukturen in den sogenannten Compounds, den Wohnhöfen, kennen zu lernen, “ erklärt sie. Verstehen wollte sie das traditionelle und religiöse Leben und warum Solidarität in Notlagen dort so selbstverständlich ist. Der klassische Touristentraum von Afrika mit Safari, Giraffen und Elefanten – da sind Serengeti und Namibia spannender – war es nicht, der die Potsdamerin ins Flugzeug bewegte. Die typischen Touristen-Ziele gebe es in Gambia oder Süd-Senegal auch nicht so, exotische Pflanzenvielfalt allerdings schon, sagt Thieme. Es waren die Menschen mit farbenfrohen Gewändern in ihrer traditionellen Kulturvielfalt und ihrem religiösen Leben, die Barbara Thieme beeindruckten. „Sie sind freundlich, offen und sehr musikalisch.“ Das hört sich nach Klischee an, aber Thieme bewundert, dass viele Afrikaner ihr Elend wenig zeigen. Sie leben ein einfaches Leben. Die Häuser sind am Tag „geschlossen“. Fensterläden und Vorhänge bieten Schutz vor der Hitze. Dafür erlebt der Gast in jedem Dorf, egal, wo er hinkommt, eine umwerfende Gastfreundschaft. Die Hauptmahlzeiten werden zusammen mit Fremden geteilt. Gekocht wird Reis, Fisch und Gemüse. An Nahrung mangelt es nicht. Noch sind die Fischbestände im Atlantik ausreichend. In den Gärten wachsen Kartoffeln, Tomaten und Salat, an den Bäumen gedeihen Orangen und Mangos.
Barbara Thieme, diplomierte Bauingenieurin, griff immer öfter zur Kamera, weil sie die Gesichter der Afrikaner so stark beeindruckten. Sie kann zu jedem Foto, das sie anfangs mit einer analogen „Olympus“ aufnahm, eine kleine Geschichte erzählen. Jetzt arbeitet Barbara Thieme professionell mit einer digitalen Spiegelreflexkamera. Dabei nutzt sie die natürlichen Lichtverhältnisse. Aus ihren unzähligen Aufnahmen entwickelten sich neue konzeptionelle Arbeiten und auch Ausstellungen. Anfangs hielt die Fotografin Dia-Vorträge über ihre Reisen, wollte Informationen über die Länder vermitteln. Im „Europäischen Jahr 2010 gegen Armut und soziale Ausgrenzung“ wollte auch Barbara Thieme ihren Beitrag gegen Vorurteile leisten: eine Exposition über ihren Westafrika-Aufenthalt. Schon vor vier Jahren stellte sie in einem beliebten Dresdener Café und vor zwei Jahren im Potsdamer Frauenzentrum aus.
In Afrika habe sie gelernt, wirklich zu entspannen. „Das andere Licht, viel Sonne, und der musikalische Lebensrhythmus tragen dazu bei, dass die Menschen dort so manches große Problem in ein viel kleineres verwandeln“, weiß sie jetzt. Ihr ist die natürliche Herzlichkeit im Umgang miteinander aufgefallen. Aber Barbara Thieme ist ein zu nachdenklicher Mensch, um oberflächlich zu idealisieren. Sensibilisieren will sie mit ihren Fotos.
Die Fotografin möchte wieder nach Westafrika reisen, zuhören, nachfragen. Geschichten sammeln. Themen sind zum Beispiel der Nationalstolz, die Rolle der Frau in den Familien und in der Gesellschaft, Frauen, die ihren eigenen Weg gehen wollen. Sie will alte Traditionen in ihren Fotos zeigen. Viele ethnische Gruppen leben friedlich mit- und nebeneinander. Thieme weiß: „Irgendwann und irgendwie werde ich wieder in Afrika sein. Dort ist eine meiner Sonnenseiten.“
Brigitte Einbrodt
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