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Sport: „Die Hoffnung stirbt zum Schluss“

Ronny Ziesmer erzählte bei „Sportler zum Anfassen“ in Babelsberg über sein Leben im Rollstuhl

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Ronny Ziesmer erzählte bei „Sportler zum Anfassen“ in Babelsberg über sein Leben im Rollstuhl Von Henner Mallwitz Aus Fehlern, so Ronny Ziesmer, lerne man ja bekanntlich. „Aus meinem kann ich das allerdings nicht mehr.“ Da saß er nun, ruhig, sympathisch, kaum angespannt, obwohl die Situation dazu allen Anlass gegeben hätte. Im vollen BMW-Autohaus Ehrl bei „Sportler zum Anfassen“ über den schlimmsten Tag seines Lebens zu reden – da fiel auch Moderator Dirk Thiele das Fragen nicht unbedingt leicht. Trotz allem plauderte der einstige Deutsche Mehrkampfmeister im Turnen, der sich für die Olympischen Spiele in Athen so viel vorgenommen hatte, frei von der Leber weg und unterstrich seine Worte oft mit gestenreichen Armbewegungen. So als wolle er sagen: „Seht her – es geht aufwärts.“ Und in der Tat hat sich mit Beginn seines „zweiten Lebens“ viel bei dem Cottbuser entwickelt. Seit dem 12. Juli 2004, als er in Kienbaum den hunderte Male perfekt gesprungenen Tsukahara am Pferd nicht vollendete. Der Bruchteil einer Sekunde, der Aufschlag mit dem Kopf auf dem Boden, der Bruch der Halswirbelsäule, die Querschnittslähmung. „Als Turner hat du ein gutes Körpergefühl. Mir war gleich klar, dass was Schlimmes passiert ist. Ich konnte mich nicht bewegen, mein ganzer Körper kribbelte“, erzählte er dem mitfühlenden Publikum. Doch Ziesmer ist kein Typ, der Mitleid will. „Das Leben geht weiter, und ich vertraue auch auf die Entwicklung“, macht er sich Mut. Depressionen? „Nein, ich habe schnell den Hebel vorwärts umgelegt. Die Hoffnung stirbt zum Schluss.“ Nach dem Unfall wurde aus Ziesmer schnell ein Medienstar. Einer, der das anfangs kaum wollte, und den der Geschäftsführer der Agentur GYMmedia International, Eckhard Herholz, von den Vorteilen überzeugte. Inzwischen nutzt Ziesmer die Medien. Auch um auf die Lage Behinderter aufmerksam zu machen; zudem gründete er eine Stiftung. Noch besteht Ziesmers Alltag aus vielen Behördengängen und der Beantwortung kistenweiser Post mit Hilfe eines Computers mit Spracheingabe, doch schon bald will er mit dem Studium beginnen. „Ich habe Abi gemacht und bin ja nicht auf den Kopf gefallen“, sagt der 25-Jährige verschmitzt. Die Pharmaindustrie trat an ihn heran – und die Erforschung der Regenerierung abgestorbener Nervenzellen reizt ihn. Noch geht alles etwas mühevoll, doch sind die Fortschritte klar zu erkennen. Ganz mutig schaut Ziesmer nach vorn und hat schon das nächste Ziel – unbedingt wieder Sport treiben.

Henner Mallwitz

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