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Landeshauptstadt: Die Hüterin der Spezial-Telefonliste

Christel Heinrich schätzt an Jann Jakobs, dass er offen, gerade und direkt ist

Stand:

Wie trinkt Ihr Chef seinen Kaffee?

Ohne Zucker und mit ein ganz klein wenig Milch.

Was für eine Art Chef ist er?

Jann Jakobs ist fleißig. Er macht ganz präzise Angaben, sagt genau, was er möchte. Manchmal entfällt in der Hektik dabei das Zauberwort Bitte, das er dann am Ende eines langen Tages nachholt.

Wie bedankt er sich bei Ihnen für besondere Einsätze, zum Beispiel Überstunden?

Er weiß, dass er von mir mehr erwarten kann als Dienst nach Vorschrift. Trotzdem ist es schön, wenn mein Chef abends aus seinem Büro kommt, auf seine Uhr schaut und mit anerkennendem Ton sagt: Sie können jetzt aber auch gehen.

Charakterisieren Sie ihn als Mensch.

Offen, gerade, direkt. Seine Schwäche: Am liebsten übermittelt er positive Nachrichten, weshalb es ihm auch schwer fällt, Nein zu sagen.

Woran erkennen Sie, dass er schlechte Laune hat?

Schlechte Laune kenne ich bei ihm nicht. Montags morgens allerdings ist er immer sehr wortkarg, dann will der Chef Ruhe haben und warm laufen.

Duzen oder siezen Sie ihren Chef?

Wir sagen Sie und dabei bleibt“s.

Skizzieren Sie einmal kurz ihr Arbeitsfeld. Was fällt alles in ihren Aufgabenbereich?

Vor allem Terminverwaltung. Vor den Treffen mit besonderen Leuten stelle ich Kurzinfos zur Person zusammen. Des weiteren schaue ich auf die Post, entscheide, was ich an andere Geschäftsbereiche in der Stadtverwaltung weitergebe und trage die persönlichen Einladungen in seinen Kalender. Außerdem übernehme ich die Buchungen aus dem Oberbürgermeisterfonds. Dazu gehören beispielsweise die Weihnachtsgeschenke für Bedürftige und die Spenden für die Suppenküche und das Obdachlosenheim.

Wie viele Anrufe bekommen Sie täglich?

Das sind rund 20 pro Stunde, also über hundert am Tag.

Welche berühmten Persönlichkeiten hatten Sie schon in der Leitung?

Wolfgang Joop, Günther Jauch, der übrigens eine ganz angenehme Stimme hat. Ex-Kanzler Gerhard Schröder und natürlich ziemlich häufig den Ministerpräsidenten. Und Sportler: Birgit Fischer, Kathrin Boron.

Was muss ein Anrufer auf dem Herzen haben, damit Sie ihn sofort zum Chef durchstellen?

In Krisensituationen, bei Anfragen zu aktuellen Themen stelle ich sofort durch, zum Beispiel als vor über einem Jahr die Ausmaße der Tsunami-Katastrophe bekannt wurden.

Wann wimmeln Sie einen Anrufer ab?

Ich würde es nicht „abwimmeln“ nennen. Vielmehr versuche ich freundlich die Anrufer an die tatsächlich Zuständigen innerhalb der Verwaltung weiterzuleiten. Häufig rufen verärgerte Falschparker an, weil als Absender des Knöllchens „der Oberbürgermeister der Stadt Potsdam“ steht. Die verbinde ich mit dem Bereich Ordnung.

Sie sind ja eine Art Schaltzentrale. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, mit welchen Anliegen Sie ihren Chef behelligen und mit welchen nicht?

Die kann ich gar nicht genau benennen, das sind Erfahrungswerte. Und bis jetzt hat es gut geklappt.

Was sagen Sie, wenn Ihr Chef „für niemanden zu sprechen“ ist?

Dann sage ich: Der Chef ist gerade in einer Besprechung. (Was eigentlich auch immer stimmt!) Der Oberbürgermeister will auch in der Stadtverordnetenversammlung auf gar keinen Fall gestört werden. Es sei denn, es brennt!

Welcher war der ungewöhnlichste Wunsch, der über Sie an ihren Chef herangetragen wurde?

Für mich ist nichts ungewöhnlich, ich bin da sehr flexibel. Eine Geschichte fällt mir allerdings ein: Da kamen mal Gäste von außerhalb und wollten die Rex-Pils-Brauerei im Industriegebiet Rehbrücke besuchen. Weil sie nicht so recht wussten, wie sie vom Stadthaus aus dort hinkommen wollen, bin ich mit dem eigenen Wagen vorgefahren.

In welchem Fall wäre Ihr Chef ohne Sie verloren?

Wenn er Leute anrufen müsste, die ich auf meiner speziellen Telefonliste habe wie die Nummer der Bundeskanzlerin oder die Mobilfunknummer von Hartmut Mehdorn.

Wie oft und in welchen Fällen fragt er Sie nach ihrer Meinung? Nimmt Ihr Chef Kritik von Ihnen an?

Ich hoffe, dass er meine Kritik annimmt – vor allem, wenn er ohne Absprache irgendwelche Termine vereinbart, muss Herr Jakobs mein Murren ertragen.

In welcher Situation braucht er Ihren Trost?

Die gab es noch nicht. Wenn er aber verstimmt ist, kriegt er Kekse.

Kennen Sie den Hochzeitstag Ihres Chefs?

Den Monat, aber auch nur, weil er in dem Zusammenhang mal eine lustige Geschichte erzählt hat und nicht, weil ich ihn daran erinnern müsste.

Haben Sie beim Vorstellungsgespräch gleich gemerkt, dass die Chemie zwischen Ihnen beiden stimmt?

Ich brauchte mich nicht zu bewerben, ich wurde immer weiter empfohlen. Als Herr Jakobs von Herrn Platzeck erfuhr, dass er in die Landespolitik geht, hat er mich kurz gefragt, ob ich mit ihm ins Oberbürgermeisterbüro umziehe. Ich habe nicht lange überlegen müssen.

Mussten Sie in Ihrem Arbeitsvertrag unterschreiben, dass Sie nichts von dem nach außen tragen, was Sie an Geheimnissen in Ihrem Büro erfahren?

Das war gleich nach der Wende ich glaube, ja.

Ist die Bezeichnung Sekretärin eigentlich noch zeitgemäß oder wie würden Sie Ihren Job bezeichnen?

Wenn ich als junges Mädchen etwas nicht werden wollte, dann waren das Frisörin oder Sekretärin. Ich denke, der Begriff „Assistentin“ wertet die Tätigkeit auf, zeigt, dass man nicht nur Aufträge entgegennimmt, sondern selbst entscheidet. Heute bin ich sehr gerne Sekretärin und denke noch nicht ans Aufhören.

Das Gespräch führte Nicola Klusemann

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