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Landeshauptstadt: Die Kinder sahen bei der Bluttat zu

Prozess wegen versuchten Mordes: Zeugen sprachen von ständigen Streitereien in der Familie

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Ein undefinierbares Lächeln huscht bei manchen Aussagen der Nachbarn über die Lippen des Angeklagten. Dabei ist es alles andere als amüsant, was sie am dritten Verhandlungstag über das Leben der Familie im Bisamkiez erzählen. Streit, Geschrei und Türenknallen seien in der Vierraum-Wohnung an der Tagesordnung gewesen. Langzeitstudent Ronny H. (34) habe seine chinesische Ehefrau beschimpft und beleidigt. Sie habe gekontert. Beide hätten die Kinder schon morgens angebrüllt. Die zwei Grundschüler hätten dann laut geweint.

Am 29. Juli vorigen Jahres eskalierte die Situation offenbar. Der Potsdamer beschloss, seine vier Jahre ältere Frau mit mehreren wuchtigen Hantelschlägen auf den Kopf zu töten. Sie überlebte, liegt aber seitdem im Wachkoma. Sohn und Tochter schauten der Bluttat entsetzt zu. Seit dem 15. April muss sich Ronny H. wegen versuchten Mordes vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts verantworten. Er gestand die Tat bereits (PNN berichteten).

Durch die Aussagen der Nachbarn wurden am Montag weitere Details zu der grausamen Tat bekannt. Eine Anwohnerin berichtete, wie sie vom Balkon aus nach einem metallischen Geräusch auf den Mann im Nachbarblock aufmerksam wurde: „Er hob eine Hantel hoch und ließ sie nach unten sausen. Dann machte er dasselbe noch einmal“, erinnert sie sich. Wenig später habe sie einen kleinen Jungen und ein etwas älteres Mädchen – beide unvollständig bekleidet und blutbefleckt – auf dem Innenhof gesehen. „Ich bin runter, um mich um die Kinder, die ich mit dem Vorfall in Verbindung brachte, zu kümmern. Der Kleine stand völlig neben sich, seine Schwester versuchte, ihn zu beruhigen“, so die Zeugin.

Michael M. (56) wohnte Tür an Tür mit dem Angeklagten. „Der Mann ist mit Sicherheit gefährlich. Einmal habe ich vorsichtshalber sogar ein Messer mitgenommen, als ich um Ruhe bitten wollte“, räumte der Potsdamer im Zeugenstand ein. Am Tattag habe er dumpfes Poltern aus der Nachbarwohnung gehört, darauf hysterisches Kindergeschrei. „Ich verstand die Worte ,Mama, Mama, Hilfe’ und öffnete meine Tür. In dem Moment sauste der achtjährige Sohn die Treppe hinunter. Ronny H. sah ihm eiskalt und völlig teilnahmslos hinterher.“ Er habe dann den Polizeinotruf gewählt. „Der Angeklagte wurde abgeführt, seine schwer verletzte Frau auf einer Trage in den Krankenwagen gebracht. Die Blutspur zog sich durchs ganze Haus.“

„Ich war bei einer Klientin im Bisamkiez. Ihre Balkontür stand offen“, berichtet eine als Zeugin geladene Psychotherapeutin. „Ich vernahm ein Geräusch, als ob jemand Möbel umwirft, und ging auf den Balkon. Da sah ich einen kleinen Jungen im Innenhof. Er rief: ,Papa, Papa’ und hatte ein wahnsinniges Entsetzen in den Augen.“ Wenig später sei die große Schwester dazugekommen. „Die Kinder gingen eng aneinandergeschmiegt über den Hof, immer und immer wieder. Sie waren völlig traumatisiert.“ Eine 24-jährige Nachbarin holte die Kinder, die neugierig angestarrt wurden, in ihre Wohnung, kümmerte sich um Kleidung. Sie blieb auch im Krankenhaus, in das sie vorsorglich gebracht wurden, bei ihnen, bis sie eingeschlafen waren.

Der Prozess wird am 2. Juni fortgesetzt. Gabriele Hohenstein

Gabriele Hohenstein

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