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Von Peer Straube: Die Klassiker von Gans bis Reh

Potsdams Bauern, Fischer und Jäger sorgen beim Festtagsmahl für die Alternative zur Tiefkühltruhe

Von Peer Straube

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Weihnachten steht vor der Tür und die PNN würdigen die nahende Ankunft des weißbärtigen Alten im roten Gewand mit einer Serie – vom richtigen Potsdam-Geschenk über die besten Weihnachtsbäume bis zur gehaltvollsten Predigt zum Fest. Heute Folge Eins: Der Potsdamer Weihnachtsbraten.

Das Schmalz wie Nektar, das Fleisch zart, aromatisch und saftig, die Haut tiefgolden, knusprig und umgeben von einer Sinfonie der Wohlgerüche – der klassischste aller Weihnachtsbraten ist auch in Potsdam der verbreitetste: die Weihnachtsgans, serviert mit Rot- oder Grünkohl und natürlich Klößen.

Bei Bauer Ernst Ruden in Fahrland trägt dieser lukullische Weihnachtstraum im Moment noch sein weißes Federkleid und erfreut sich bester Gesundheit. „Wir schlachten erst am 21. und 22. Dezember“, sagt Ruden. „Die Kunden wollen ja frische Gänse.“ Rund hundert der Vögel hat Ruden seit Mai in seiner Obhut. Als Gössel – so nennt man die Küken – sind sie wie jedes Jahr von einem Bauernhof in Schleswig-Holstein gekommen. Seitdem haben sie das Gänseleben genossen – und das beste Futter. „Alles aus eigener Herstellung“, betont Ruden. Hafer, Gerste, gekochte Kartoffeln, Mohrrüben. Und sie haben Bewegung. „Die rennen bestimmt 25 Mal am Tag zum Trinken hin und her.“ Das kräftigt die Muskulatur und macht das Fleisch schmackhaft. Die Tiefkühlgans aus dem Supermarkt, bewegungsarm im Käfig gehalten, meist mit Hormonen behandelt und Sojamehl oder gar genmanipuliertem Mais gepäppelt, „schrumpelt im Backofen richtig zusammen“, sagt Ruden. Seine nicht, meint er.

Kein Wunder, dass die Vögel schneller weg sind als mancher „Gänsebraten“ sagen kann. Stammkunden, die das ganze Jahr einkaufen, haben bis Mitte Oktober zuerst die Wahl. Der Rest ist für jedermann erhältlich, der schnell genug ist. „Ende Oktober waren alle weg.“

Wer kein Glück hatte, sich aber zu Weihnachten trotzdem an einer knusprigen Bauerngans laben will, kann sich den Vogel sogar per Taxi kommen lassen. Seit drei Jahren bietet das Hotel Mercure diesen Service an – mit Erfolg. 40 Gänse seien allein im vergangenen Jahr frei Haus geliefert worden, sagt Vize-Hoteldirektor Marco Zeselowski. Fix und fertig gebraten, inklusive Rotkohl und Klößen, ist der Weihnachtsschmaus für 95 Euro zu haben. Seit Ende November werden Bestellungen entgegengenommen.

Mario Weber holt seine Weihnachtsbraten aus einem anderen Element. Potsdams einziger Fischer lockt zum Fest mit frischem Zander, Barsch, Aal, Karpfen oder Forellen. „Zu Weihnachten ist Zander der Brüller“, preist er den frisch zum Fisch des Jahres gekürten Flussbewohner. Der richtige Run bei den Bestellungen gehe aber erst „drei, vier Tage“ vor Heiligabend ein. Zum Heiligabendmahl empfiehlt Weber statt des Klassikers Würstchen mit Kartoffelsalat Karpfen blau oder in Biersauce. Das isst er auch selbst. „Da freue ich mich schon das ganze Jahr drauf“, sagt er. Und zu den Weihnachtsfeiertagen? „Da sind wir bei den Eltern eingeladen. Es gibt Wild.“

Weber ist nicht der Einzige, der die Gans-Alternative aus den Tiefen des Waldes auf dem Teller hat. „Den Trend, zu Weihnachten auch mal Wildbret zu haben, gibt es 100-prozentig“, sagt Karsten Kayserling von der Potsdamer Oberförsterei. Die Landesbehörde ist für rund 3500 Hektar Forst in Potsdam zuständig – und hat in diesem Jahr bei vier Großjagden im Stadtgebiet für Nachschub gesorgt. Allein bei der letzten am vergangenen Wochenende im Königswald bei Sacrow haben 80 Jäger insgesamt 61 Wildschweine und sechs Rehe zur Strecke gebracht. 90 Prozent des erlegten Wildes verkauft die Oberförsterei an einen Wildfleischer in Stücken. Der Rest geht an Selbstabholer. Die müssen allerdings waidmännnische Kenntnis haben – denn die Tiere werden am Stück verkauft. Und es ist sicher nicht jedermanns Sache, einen kapitalen Keiler oder einen Zwölfender selbst aus der Decke zu schlagen.

Selbstverständlich verspeist auch Kayserling zum Fest ein saftiges Stück Waldbewohner. Es stammt nicht aus Massentierhaltung und ist daher frei von Medikamenten. „Das Fleisch“, sagt er, „ist einfach gesünder.“

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