
© Andreas Klaer
Familienbande im Potsdamer Rathaus: Die kleine Amigo-Affäre
Horst Heinzel, CDU-Fraktionschef im Stadtparlament, stellte seine Ehefrau als Referentin an – Parteifreunde kritisieren jetzt die „Vetternwirtschaft“.
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Es sind keine bayrischen Amigo-Verhältnisse, die in Potsdamer CDU-Kreisen für Gesprächs- und Diskussionsstoff sorgen. Es geht nicht um Staatsgehälter in Höhe von mehreren Tausend Euro, die jahrelang an Familienangehörige von Politikern gezahlt wurden. Doch zumindest hat es für einige Potsdamer CDU-Parteifreunde ein Geschmäckle, dass Stadtverordneten-Fraktionschef Horst Heinzel mehrere Monate lang seine Ehefrau als „Pressesprecherin“ beschäftigt hat. Als Heinzel im vergangenen September den Fraktionsvorsitz übernahm, hat er kurze Zeit später seine Gattin für monatlich 400 Euro als Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit eingestellt.
Was CDU-Mitglied Werner Panhenrich vom Ortsverband Innenstadt/Nord für „Vetternwirtschaft“ hält, findet Heinzel selbst dagegen nicht bedenklich. Wenn eine Stelle besetzt werden müsse, ist es für ihn „eine Frage der Qualifikation“, wer den Posten bekomme. Seine Ehefrau Elke Schnarr hielt er aufgrund ihrer Erfahrung als langjährige Mitarbeiterin einer Presseagentur für qualifiziert. Gefragt, wer für die von öffentlichem Geld finanzierte Stelle außerdem geeignet sein könnte, hat Heinzel aber nicht.
Das wäre zumindest für Panhenrich geboten gewesen: „Es ist ja nicht so, dass es keine qualifizierten Arbeitskräfte auf dem Markt gäbe“, erklärt der ehemalige Regierungsdirektor im brandenburgischen Bauministerium. Es sei nicht vertretbar, wenn jemand in einer öffentlichen Funktion „seine Position ausnutzt und Freunde oder Angehörige beschäftigt“, befindet Panhenrich.
Heinzel rechtfertigt das gut halbjährige Beschäftigungsverhältnis für seine Frau außerdem mit dem personellen Notstand, den es aufgrund eines Wechsels auf dem Posten des Fraktionsgeschäftsführers im Stadtparlament gegeben habe. Während dieser Übergangszeit sei die Arbeit seiner Frau sehr hilfreich gewesen – für die ehrenamtliche Tätigkeit der gesamten Fraktion. So habe Schnarr zum Beispiel geholfen, Anträge und Pressemitteilungen zu formulieren und zu verfassen. Auf PNN-Anfrage erklärte der Unternehmer, dass seine Ehefrau noch bis April als Pressereferentin tätig war. In der CDU-Fraktion sei Schnarrs Anstellung auf Zustimmung gestoßen, so Heinzel.
In seinem Golmer Ortsverband und weiteren CDU-Stadtverbänden sahen indes nicht alle Parteifreunde die familieninterne Arbeitsbeschaffung so unbedenklich und problemlos. So ist in einem Schreiben Potsdams CDU-Vorsitzende Katherina Reiche auf das „Geschmäckle“ aufmerksam gemacht und die Bundestagsabgeordnete und parlamentarische Staatssekretärin zudem aufgefordert worden, auf eine Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses zu drängen. Panhenrich forderte gar Heinzels Rücktritt als Fraktionschef.
Die Kosten für die Geschäfte einer Stadtverordneten-Fraktion werden aus Steuergeld bezahlt. Aus einer Kleinen Anfrage im Potsdamer Stadtparlament Ende 2011 geht hervor, dass zum damaligen Zeitpunkt die monatlichen Zuweisungen pro Fraktion bei 1 877 Euro lagen. Ein Stadtverordneter bekommt demnach eine monatliche Aufwandsentschädigung von 195 Euro, ein Fraktionsvorsitzender zusätzlich 180 Euro.
Anders als bei Landtags- und Bundestagsabgeordneten gibt es bei der ehrenamtlichen Tätigkeit kommunaler Mandatsträger jedoch keine gesetzlichen Vorschriften zur Beschäftigung von Familienangehörigen. Außer in Bayern ist es Berufspolitikern verboten, Familienangehörige oder Lebenspartner auf Staatskosten zu beschäftigten. In den meisten Fällen regeln die Abgeordnetengesetze, dass die Beschäftigung eigener Kinder oder anderer Verwandter ersten, zweiten und in einigen Fällen auch dritten Grades untersagt ist. In Brandenburg ist derzeit ein Gesetzentwurf zur Reform des Abgeordnetenrechts in der Beratung, der eine Verschärfung der bislang geltenden Regelung vorsieht. Doch egal ob Berufs- oder Feierabendpolitiker: Wenn es um Steuergeld geht, fordert der Bund der Steuerzahler zumindest Fingerspitzengefühl bei zu vergebenden Posten.
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