Sport: „Die Kuh vom Eis bekommen“
Nach dem Eklat zum Saisonauftakt sollen beim SV Babelsberg 03 die Wogen geglättet werden
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Das Team auf dem Mannschaftsfoto als „Schwarzer Block“, Wirbel um eine aus dem Stadionheft herausgetrennte Seite mit auf satirische Art verpackter Kritik an dem „Rücktritt vom Rücktritt“ René Tretschoks und im Internet der Vorwurf von „Stasimethoden“: Beim Fußball-Regionalligisten SV Babelsberg 03 loderte gestern noch immer das Feuer, das am Samstag vor dem Saisonauftakt gegen Borussia Dortmunds „Zweite“ entfacht wurde (PNN berichteten). Dabei gab es gleich zwei Steine des öffentlichen Anstoßes. Einerseits hatten sich die Kicker vom Babelsberger Park in schwarzen Kapuzen-Shirts ablichten lassen, was vor allem so manchem Sponsor missfiel. Der kritische Tretschok-Artikel schließlich war allerdings Schuld daran, dass das Heft für den „normalen“ Fan nicht erhältlich war und allenfalls im VIP-Raum auslag.
Jens Lüscher, Nulldrei-Vorstandsmitglied und Verantwortlicher für das Stadionheft, konnte die Aufregung um das erste Saisonheft gestern nur bedingt nachvollziehen. „Wir machen diese Arbeit seit nunmehr vier Jahren ehrenamtlich, sparen dem Verein damit zehntausende Euro pro Saison ein und wurden für unsere Hefte unter anderem auch schon von Fachblättern wie der Fuwo gelobt“, sagt Lüscher. „Vor allem aber zeichnete sich der SVB bislang immer auch durch die Meinungsfreiheit aus, die auch im Stadionheft ausgelebt wurde.“ Auch in dieser Ausgabe seien alle Seiten beleuchtet worden – mit einem Bericht von der Mitgliederversammlung, einem Trainer-Interview und eben auch dem unveröffentlichten Tretschok-Artikel in der Satire-Rubrik „Frag doch mal die Maus“.
Entschieden wehrt sich Lüscher indes gegen Vorwürfe, die unter anderem Sponsoren wie der Malermeister Heinz-Jürgen Schultz gegen die Art des Mannschaftsfotos erhoben. An „autonome Demonstranten“ erinnere das Bild, so Schultz: „Da fehlt ja nur noch ein brennender Container neben den Jungs.“ Diese „Jungs“ hatten die Kapuzen-Shirts, die seit nunmehr vier Jahren der Renner im Merchandising-Programm der Babelsberger sind, jedoch freiwillig übergestreift – und dies ohne die Absicht zu provozieren. „Ich schätze Heinz-Jürgen Schultz sehr, kann aber seine Äußerung nicht nachvollziehen“, sagt Lüscher. „Ich habe sogar noch gesagt, dass sie grimmig gucken sollen. Denn wir wollten doch nur eines damit klar ausdrücken: Wir sind die Underdogs mit dem fast kleinsten Etat in dieser Liga, aber trotzdem fressen wir euch auf.“
Eine ironisch gemeinte Message, die nicht unbedingt bei jedem ankam – unter anderem wohl auch, weil ein Großteil der Nulldrei-Fans eher der linken Szene zuzurechnen ist. Hauptsponsor Peter Paffhausen, Hauptgeschäftsführer des Hauptsponsors Energie und Wasser Potsdam GmbH (EWP), war anfänglich auch „not amused“, doch gestern schienen sich die Wogen bereits ein wenig geglättet zu haben. „Wir haben mehrere Male miteinander telefoniert und Missverständnisse aus dem Weg geräumt. Natürlich war Herr Paffhausen nicht glücklich über den Artikel und die dadurch entstandene Situation“, sagt Jens Lüscher. „Details wollen wir noch nicht öffentlich machen, aber ich glaube, dass sich das Ganze sehr positiv entwickeln wird. Beide Seiten müssen aufeinander zugehen, und schließlich darf auch der Wunsch der Fans nach Information nicht zu kurz kommen.“
Bleibt die unbeantwortete Frage, ob die laut Lüscher „überstürzte Aktion der Vereinsführung“ die nun entstandene Spannung erst herbeigerufen hat. Die verschiedenen Gremien, Aufsichtsrat und die Ehrenamtlichen werden sich nun an einen Tisch setzen müssen. „Und dann“, so der gescholtene Redakteur, „werden wir die Kuh auch vom Eis bekommen.“
Henner Mallwitz
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