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Landeshauptstadt: „Die Lage spitzt sich zu“

„Kohldampf und Bombentrichter“ – eine Exposition bewegender Potsdamer Schicksale

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„Kohldampf und Bombentrichter“ – eine Exposition bewegender Potsdamer Schicksale Von Guido Berg Zahlreiche Exponate der Ausstellung „Kohldampf und Bombentrichter“ im Potsdam-Museum wurden von den Bürgern der Stadt zur Verfügung gestellt: Selbstgebasteltes Spielzeug, Lebensmittelkarten, Dokumente, Briefe, aus Fallschirmseide gefertigte Kleidung. Zum Bewegendsten gehören die persönlichen Briefe der Familie Ribbe, auf deren Geschichte die Ausstellung über das Jahr 1945 in mehreren Museumsräumen Bezug nimmt. Die Ribbes betrieben in der früheren Louisen-, heute Zeppelinstraße, eine Drogerie. Der heute in Werder lebende Dirk Ribbe ist auf einem Bild als Baby in den Armen seiner Muter zu sehen. Er brachte die Briefe seiner Mutter und seines Vater ins Museumn – und überlieferte damit eine Geschichte, die exemplarisch ist für die Zeit, denn sie endet traurig. Hans Ribbe war Sanitätsunteroffizier und in den letzten Kriegsmonaten bei Luckenwalde stationiert, erklärte Museums-Kuratorin Edeltraud Volkmann-Block gestern. Wie sie weiter erzählte, sendete sich das Ehepaar fast täglich Briefe zu, teils auch an der Feldpost vorbei, indem sie die Briefe Kurieren mitgaben. „Mein lb. gutes Hildchen, meine lb. Kinder“ schreibt er einmal und stellt die Frage, „Was soll blos aus uns werden? Der Russe drückt mit aller Macht“. Sie schreibt: „Mein liebes gutes Hänschen“ und weiter „wieder ist ein Tag zu Ende, wieder schreibe ich Dir bei Kerzenlicht, wer weiß, wie lange noch.“ Am 19. April notiert der Sanitätsfeldwebel: „Mein lb.Hildchen die Lage spitzt sich von Stunde zu Stunde zu“. In der Vitrine neben diesem Brief dann die Todesanzeige: „Am 2. Mai fiel mein geliebter Mann, immer treusorgender Vater Sanitätsfeldwebel und Drogerieinhaber Hans Ribbe im 38. Lebensjahr“. Potsdam, 29. August 1945. Wie die Museumskuratorin erklärte, fiel Hans Ribbe bei Luckenwalde. Die Mutter machte sich damals auf den Weg dorthin. Leute aus einem Dorf in der Nähe konnten sagen, wo sieben bis acht Wehrmachtssoldaten begraben liegen. Nach Beschreibungen erfuhr sie, „das zweite Grab könnte es sein“, so Edeltraud Volkmann-Block. Der Leichnam des Soldaten wurde „ausgebuddelt“ und anhand von Soldbuch und Briefen in der Brusttasche als Hans Ribbe identifiziert. Einige der Briefe davon sind nun Teil der Ausstellung. In einem Zinksarg wurde der Leichnam nach Potsdam überführt und dort bestattet. Ein weiteres sehr persönliches Dokument der Zeit hat Clemens Appel, Chef der Brandenburgischen Staatskanzlei, zur Verfügung gestellt: Das Soldbuch seines Vaters. Reinhart Appel wurde noch im Frühjahr 1945 zum Kriegsdienst eingezogen. Das war laut Museumskuratorin in der Priester-, heute Tresckowstraße. Der Soldat aus dem letzten Aufgebot kam in russische Gefangenschaft. Er war krank und schon per Eisenbahn auf dem Weg in die Kriegsgefangenschaft, da holte ihn eine Ärztin noch aus dem Zug. Die Ausstellung ist vom 24. März bis zum 4. September täglich außer Montags von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Eintritt: Erwachsene 4 Euro, Kinder bis 12 Jahre frei, Jugendliche 2 Euro, Partnerkarte 6 Euro.

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