Potsdam steht im Stau: Die nächste Geduldsprobe
Die Pendler zwischen Potsdam und Berlin müssen erneut längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. Die S 7 fährt nicht mehr durch und am Funkturm wird gebaut
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Die Pendler zwischen Potsdam und Berlin sind ja einiges gewöhnt. Erst die Sanierung der Stadtautobahn Avus, dann parallel die einjährige Sperrung der Regionalbahnstrecke. Nun werden sie erneut einer Doppelbelastung ausgesetzt: Nicht nur, dass am Autobahndreieck Funkturm – einem der wichtigsten Knotenpunkte für Autopendler zwischen den beiden Städten – gebaut wird (siehe Kasten). Auch für die Fahrgäste der S7 dauert es wieder länger, als es sollte. Denn seit Sonntag wird Potsdam statt von der S7 von der S 1 angefahren, die Fahrgäste der S7 müssen in Wannsee umsteigen. Voraussichtlich ein Jahr lang soll das so bleiben.
Grund für die Änderung sind Bauarbeiten an Brücken und Gleisanlagen im Grunewald. Wegen mehrerer eingleisiger Abschnitte müssen die Züge in Grunewald jeweils auf das Eintreffen des entgegenkommenden Zuges warten, außerdem können die Züge zwischen Wannsee und Grunewald nur langsam fahren und brauchen fünf Minuten länger.
Ohne Umsteigen kommen die Potsdamer also mit der S 7 nicht mehr nach Berlin und die Berliner nicht mehr nach Potsdam. Zwar fährt die S1 weiterhin im Zehn-Minuten-Takt, doch fährt diese Linie Bahnhöfe wie den Berliner Hauptbahnhof, den Bahnhof Zoo oder den Alexanderplatz nicht an.
Am Montag, dem ersten Wochentag mit neuem Fahrplan, wurden viele von dieser Änderung offenbar kalt erwischt. „Ich bin überrascht“, sagte eine Dame Mitte 50, die mit der S7 Richtung Potsdam unterwegs war und am Bahnhof Wannsee strandete. Wegen der langsameren Fahrt und einem sechsminütigem Aufenthalt am Bahnhof Grunewald ist der Zug ohnehin schon nicht mehr in der Zeit, hinzu kommen noch fünf Minuten Wartezeit in Wannsee auf den Anschlusszug der S1 Richtung Potsdam. „Wahrscheinlich bauen sie wieder irgendwas, es ist ja nicht das erste Mal, dass man den Zug wechseln muss.“ Verärgert blickt die Frau auf ihre Armbanduhr. „Ich hätte eigentlich schon vor zehn Minuten einen Termin gehabt.“
In den Medien wurde zwar über die Fahrplanänderung berichtet und auch auf den Webseiten der Berliner S-Bahn und des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) wird darauf hingewiesen. Doch an den Bahnhöfen entlang der S7 sucht man entsprechende Hinweise vergeblich, in den Schaukästen hängen noch die alten Pläne. An manchen Stationen läuft ein Schriftband durch die digitale Anzeige, manchmal gibt es eine Durchsage, manchmal nicht.
Von der Fahrplanänderung unberührt ist die Regionalbahn, die gleich viel kostet wie die S-Bahn und deutlich schneller durchkommt. Auch das Hochwasser an der Elbe hat bislang noch keine Verspätungen verursacht, obwohl der RE 1 derzeit nicht bis Magdeburg, sondern nur bis ins wenige Kilometer entfernte Biederitz fährt. Dort ist eine Eisenbahnbrücke gesperrt, Reisende Richtung Magdeburg werden mit Bussen auf die andere Elbseite gebracht.
Doch auch ohne Hochwasser ist der Regionalexpress nicht für alle Reisenden zwischen Potsdam und Berlin geeignet. Schließlich hält er nicht an allen Bahnhöfen und fährt zudem nur alle halbe Stunde.
Zudem kennen viele Touristen diese Auswegmöglichkeit schlicht nicht und verlassen sich auf die S-Bahn. So auch eine vierköpfige Gruppe, alle um die 60, am Montagmorgen, die einen Tag Potsdam in ihrem Berlin-Urlaub einschiebt. „Macht der Fahrer jetzt Frühstückspause?“, fragt einer der Männer, als der Zug auf freier Strecke mitten im Grunewald einige Minuten anhält. Seine Frau versucht ihn zu beruhigen. „Wir haben doch keinen Zeitdruck“, sagt sie und versucht, die Stimmung zu retten: „Wenigstens ist es hier schön grün.“
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