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Aus dem GERICHTSSAAL: Die „Pappe“ ist für immer weg

81-Jähriger wegen Schuldunfähigkeit freigesprochen

Stand:

Das Gericht spricht Franz F. (81, Name geändert) vom Vorwurf der Unfallflucht sowie der Straßenverkehrsgefährdung frei, was ihn freut. Begangen hat der alte Herr die Taten allemal. Auf Grund seines Gesundheitszustandes ist er jedoch nicht mehr in der Lage, das Unrecht seines Handelns einzusehen. Die Fahrerlaubnis wird ihm für immer entzogen, damit er sich und andere Verkehrsteilnehmer künftig nicht weiter gefährden kann. Das wurmt ihn. „Ich brauche sie aber, weil ich so viel auf dem Friedhof zu tun habe“, moniert der Rentner. Der Richter lässt sich nicht erweichen. Franz F. aus Ferch wird von nun an den Bus nehmen müssen.

Am 19. Oktober 2006 war der Mann mit seinem Opel wieder einmal in Potsdam unterwegs, rammte beim Einparken am Humboldtring ein anderes Auto. Obwohl ihn ein Passant auf das Malheur aufmerksam machte, gab er anschließend einfach Gas. Am 5. Dezember vorigen Jahres fuhr Franz F. Am Bassin in falscher Richtung in der Einbahnstraße, hielt mit unverminderter Geschwindigkeit auf eine Radfahrerin zu. Die konnte sich im letzten Moment in Sicherheit bringen. Gefährdet fühlte sich auch ein Polizist am 10. Dezember 2007 auf der Langen Brücke. Eigentlich wollte er den im Schneckentempo auf der Mittelspur kriechenden Opel des Mittelmärkers überholen. Doch der zeichnete Schlangenlinien. Da riskierte es der Beamte lieber, zu spät zum Dienst zu kommen. Obwohl Staatsanwalt und Richter die Ohren spitzen, fällt es ihnen schwer, dem nuschelnden Angeklagten zu folgen. Franz F. wiederum hat Mühe, die Fragen der Rechtsgelehrten zu verstehen. Er ist hochgradig schwerhörig, in seiner Auffassungsgabe und Kritikfähigkeit zudem extrem eingeschränkt, wie die medizinische Sachverständige berichtet. Der Senior leidet an einem fortgeschrittenen Diabetes, einer deutlichen Muskelschwäche in den Oberarmen und Koordinationsstörungen. „Sein geistiger Abbau ist organisch bedingt. Juristisch gesehen kann man von einer krankhaften seelischen Störung sprechen“, so die Expertin. „Seine Steuerungsfähigkeit war zum Zeitpunkt der Taten mit hoher Wahrscheinlichkeit aufgehoben.“ „Franz F. war während der Befragung nicht in der Lage, angesprochenen Themen zu folgen“, führt auch der psychiatrische Gutachter aus. „Alle Tests zeigten unterdurchschnittliche Ergebnisse.“ Intellektuell ohnehin nicht so gut ausgestattet, käme jetzt eine „grenzwertige Demenz“ hinzu. „Er ist schuldunfähig“, bringt es der Facharzt auf den Punkt. „Wenn jemand so krank ist, dass er nicht mehr weiß, was Recht und Unrecht ist, kann er nicht verurteilt werden“, konstatiert der Richter. Er kennt den Angeklagten aus früheren Verfahren, stellt fest, er habe inzwischen gesundheitlich noch weiter abgebaut.Hoga

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