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Landeshauptstadt: Die Revolte fiel aus

Im Nil-Klub spielte Blutiger Osten – das Konzert wurde zuvor kritisch beäugt

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Dass die Punkrock-Band Blutiger Osten am ersten Wochenende des Jahres in den Kellerräumen am Neuen Palais ein Konzert gibt, hat seit Jahren Tradition und bisher auch niemanden gestört – im Gegenteil: Das Jahresauftaktkonzert war immer ein Garant für eine ausgelassene Feier.

Und jetzt war auf einmal alles anders: Wie berichtet hatte sich die Leitung der Universität Potsdam an den Allgemeinen Studierendenausschuss (Asta) gewandt, da Blutiger Osten eine Band sei, „die in der Vergangenheit mit Bands des linksextremistischen Spektrums aufgetreten ist und bei der die Verortung ihres künstlerischen Œuvres zumindest umstritten ist“.

Man könnte natürlich sofort argumentieren, dass Punkrock seit jeher gern linke und anarchistische Ideen transportiert und diese auch mehr oder weniger ironisch verpackt. Und mit Ironie ist es so eine Sache: Im Song „Hasstirade“ etwa wird in Ich-Perspektive über einen Menschen gesungen, der mangels Kreativität einfach alles hasst.

Für den brandenburgischen Verfassungsschutz Grund genug, den Song schon vor Jahren als besonders perfides Beispiel dafür zu zitieren, wie inhaltliche Grenzen zwischen rechtem und linkem Musikgut verschwimmen könnten. Mit Ironieverständnis scheint diese Behörde augenscheinlich nicht gesegnet zu sein – die Band Blutiger Osten selbst zeigte sich fassungslos ob dieser Argumentation: Demnächst wolle sie ein Konzert auf dem Berliner Christopher Street Day geben, dann sei sie eben links, rechts und schwul, hieß es von den Musikern.

Die Knie geschlottert vor der nahenden anarchistischen Revolution haben am Samstagabend jedenfalls niemandem. Überhaupt sei Potsdam viel zu preußisch für eine Revolution, heißt es lakonisch beim Nil-Klub – als ob die linksradikale Revolte sich ausgerechnet die altehrwürdigen Mauern am Neuen Palais als Zentrum suchen würde. Und es gibt im Nil-Klub Verständnis für die Uni, auch wenn die ganze Geschichte sinnloserweise hochgekocht sei: Natürlich müsse die sich dazu äußern, wenn ihr ein solcher Verdacht zugetragen werde. Von einer Gefahr aber war während der ganzen Party, die nun immerhin einen leichten Hauch des Subversiven hatte, nichts zu merken. Oliver Dietrich

Oliver Dietrich

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