Landeshauptstadt: Die Ruhe liegt im Detail
Mit offenen Fluren und großen Fensterfronten bietet das noch relativ neue Wohnheim der Sportschule ein entspanntes Umfeld in modernem Stil
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Man läuft schnell Gefahr, einen steifen Hals zu bekommen, wenn man im Foyer des „Hauses der Athleten“ in der Zeppelinstraße 114-117 steht. Zu groß ist die Versuchung, den Blick immer wieder nach oben zu richten, auf die weißen Geländer der einzelnen Emporen, die geometrische Perfektion der Wände und schließlich das verglaste Dach, durch das an schönen Tagen die Halle vom natürlichen Licht der Sonne erleuchtet wird.
Und das Foyer ist nicht die einzige Raffinesse, die das im September letzten Jahres eröffnete Wohnheim der Potsdamer Sportschule zu bieten hat. Schon allein der fünfeckige Grundriss ist etwas besonderes, so Architekt Gerd Gutheil, der mit seinem Kollegen Markus Kuhn für den Entwurf des Gebäudes verantwortlich war. „Somit konnte man das Feld zwischen den Bäumen perfekt bespielen“, sagt Gutheil. „Es ist quasi eine Anpassung an die Landschaft.“ Die Form nehme so auf alle Seiten des Areals Bezug und ermögliche es außerdem, dass alle Zimmer der Wohneinheiten an der Fassade liegen. Die Räume sind als kleine Wohngemeinschaften mit bis zu drei Schlafzimmern angelegt, die sich jeweils einen kleinen Wohnbereich und das Bad teilen. Im vierten Obergeschoss befinden sich Unterkünfte mit Wohnungen für ein bis zwei Sportler. Vor jeder Wohneinheit gibt es außerdem eine kleine Diele, die den Übergang ins Private schaffen soll, wie Gutheil sagt.
Insgesamt bietet das Wohnheim auf einer Gesamtnutzfläche von etwa 2700 Quadratmetern in sechs Etagen Platz für 150 Schüler oder auch Sportler, die von außerhalb kommen und eine Unterkunft brauchen. Die Ausstattung ist simpel gehalten, allerdings sind die Betten mit 2,20 Meter Länge für die Sportler extra groß konzipiert. Ein besonderer Clou in den Wohnungen sind auch die belüfteten Schuhschränke. „Die Schüler wechseln zwei bis drei Mal die Schuhe am Tag“, so der Architekt. „Verschwitzte Schuhe mag keiner, also musste das sein.“ Der Zugang zu den einzelnen Wohnungen führt immer durch die offenen Flure der jeweiligen Etage, die wiederum die besondere Optik des Foyers ausmachen. Wie Gutheil sagt, waren mit der Konstruktion gewisse Ängste verbunden. „Solche Innenhöfe sind hoch und schmal, da weiß man nie, ob sie nicht eher erdrückend wirken, und wie es sich mit der Akustik verhält.“ Mit dem Ergebnis ist er aber mehr als glücklich. „Durch die Offenheit weiß man immer, wo man im Haus ist, es ist kein Labyrinth geworden“, sagt er. Von der Ruhe, die in dem Bereich herrscht, sei er selbst etwas überrascht, empfinde sie aber als sehr erholsam.
Besonders stolz ist Gutheil dabei auf die kleinen Details, wie etwa die schräge Oberfläche der Geländer, das schlicht gehaltene Farbspiel in hellem Grau und Grau-Grün oder auch die Geometrie der Dachfenster. Die sind in mehreren Dreiecken angeordnet, um sich in die fünfeckige Grundrissform einfügen zu können. Weil die Dachfenster selbst aus einer Festverglasung bestehen, sind sie von Lüftungsschlitzen umkränzt, die wiederum zu einem äußeren Fensterband führen.
Überhaupt sind Fenster ein wesentlicher Bestandteil der architektonischen Raffinesse des Gebäudes. Da ist zum einen die großflächig verglaste Rückenfront des Gebäudes mit direktem Blick auf den Templiner See, die sich vom Eingangsbereich bis in die Gemeinschaftsküche zieht und eine Verbindung vom Neubau zum alten Wohnheim daneben schafft. Auch die Fensterflucht am „Haus der Athleten“ schließt sich im ersten Stock an die Fensterreihe des Altbaus an. Zudem passt sich der durchgehend verklinkerte Neubau auch strukturell an das Nebenhaus an, dessen untere Fassade mit Klinkern besetzt ist. Insgesamt verlaufen die Fenster vom ersten bis zum vierten Stock in einer gleichmäßigen Anordnung aus rechteckigen Fenstern im Hochformat, während die Verglasung des Untergeschosses mit querformatigen Scheiben ausgeführt wurde. In der sechsten Etage sind die Fenster wieder hochkant, aber durchgehend sehr schmal gehalten, sodass sie eine Art Krone bilden, wie Gutheil sagt. „Durch diese Anordnung entsteht der täuschende Eindruck, das Gebäude bestünde nur aus vier Etagen“ so der Architekt. „Das ganze Haus wird dadurch optisch verkleinert, was ich sehr spannend finde.“ Zusätzlich sorgen einzelne Absenkungen der Außenwand für eine abgerundete Figur der sonst ruhigen Fassade.
Wie berichtet hatte sich der Baubeginn für das Haus immer wieder verzögert. Ursprünglich sollte es 2012 losgehen, dann musste das Projekt aber wegen nicht genehmigter Fördermittel erneut um ein Jahr verschoben werden. Im Frühjahr 2013 fand schließlich die Grundsteinlegung statt. Die Investitionskosten für den Neubau lagen bei 8,5 Millionen Euro. Rund 3,7 Millionen Euro davon finanzierte die Landeshauptstadt Potsdam als Schulträger über die ProPotsdam, die Bauherr des Wohnheims war, Bund und Land bezahlten den Rest. Zeppelinstraße 114-117, Führungen am Sonntag um 13, 15 und 17 Uhr.
Sarah Kugler, Fotos: Björn Stelley
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