zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: „Die Säge nicht schieben, sondern ziehen“

Gestern hat das Projekt „Stadt der Kinder“ am Schlaatz begonnen und das Echo war riesig.

Stand:

Am Schlaatz - Es war eine schwierige Entscheidung, die der siebenjährige Leopold da treffen musste. Aber er hatte sie sich selbst eingebrockt. Soll es in der „Stadt der Kinder“, die noch bis zum 19. August auf dem Parkplatz vor der Weidenhof-Grundschule entsteht, lieber einen kleinen Flughafen mit Tower oder eine Kirche geben? Beide Vorschläge kamen von dem Zweitklässler, aber nur einer lässt sich in der Kürze der Zeit verwirklichen. „Hauptsache es gibt einen Turm“, befand Leo dann. Seine sechsjährige Schwester Oda und die ein Jahr ältere Chiara fanden die Idee mit der Kirche besser – und so sollte es dann sein.

Das kleine Gotteshaus ist jedoch nur ein Bauwerk von etwa 20, die seit gestern Vormittag in unmittelbarer Nähe des Bürgerhauses am Schlaatz entstehen werden. Rund 80 Hortkinder und zwei Dutzend anderer Steppkes waren am sonnigen ersten Tag da, um auf der circa 1000 Quadratmeter großen Fläche unter anderem ein Schloss, ein Museum und eine Polizeiwache im Kleinformat zu errichten. Eine Schule haben die Mädchen und Jungen bis jetzt nicht eingeplant – aber es sind ja auch noch Ferien.

Da sich eine Kirche nicht so leicht bauen lässt – auch wenn sie nur knapp zwei Meter hoch ist – muss die kleine Kinderschar, zu der auch der elfjährige Hendrik, die sechsjährige Greta und die achtjährige Thekla gehören, einen Erwachsenen zu Rate ziehen. Ansonsten sind die Großen nicht so gern gesehen auf der Kinderbaustelle. „Die wollen immer alles bestimmen“, sagt Chiara. „Meine Eltern bauen auch gerade ein Haus und entscheiden ganz alleine, wie es aussehen wird“, sagt sie.

Die Betreuer und Organisatoren der Ferienaktion, namentlich das Bürgerhaus am Schlaatz, der Malteser Teffpunkt Freizeit (MTF), der Kinderclub „Unser Haus“ und das Potsdamer Kinder- und Jugendbüro, halten sich deshalb mit Vorgaben weitgehend zurück. Peggy Ehlert vom MTF arbeitet oft mit Kindern und hat den Bogen dabei raus: „Ich leite die Kinder an, versuche aber nicht, ihnen etwas vorzuschreiben.“ So ist Leopold beispielsweise ganz und gar gegen eine Orgel im Kirchenschiff. „Die nimmt zu viel Platz weg. Es geht höchstens eine kleine elektronische“, meint er fachmännisch und setzt sich durch. In Kirchen seien er und seine Schwester schon öfter gewesen, erzählt er. Beide gehen in die Evangelische Grundschule und wohnen in der Nauener Vorstadt. Den Schlaatz besuchen die Kinder zum ersten Mal.

Unter Aufsicht bearbeiten die kleinen Baumeister vor allem Holz, aber auch Stein, Mörtel und Gasbeton. Außerdem hantieren sie mit echten Werkzeugen. Greta gehört mit ihren sechs Jahren zu den Jüngsten und hält schon das Ende einer großen Holzsäge in der Hand. „Peggy hat uns erklärt, dass man die Säge nie schieben darf, sondern immer nur ziehen“, sagt die Kleine. „Außerdem darf man nicht so stark aufdrücken“, ergänzt die achtjährige Thekla am anderen Ende der Säge. Das Brett, an dem die beiden gewissenhaft sägen, ist sicherheitshalber richtig festgeschraubt. Dass sie den aufgemalten Strich trotz aller Mühe verfehlen, merken sie nicht. Auch nicht, dass Peggy später noch schnell nachbessert. Greta und Thekla sind einfach nur happy und hopsen um die etwa hüfthohe Kirchenwand herum, in die Hendrik mit dem Hammer lange Eisennägel schlägt. Das sieht schon recht geschickt aus. „Zuhause habe ich schon kleine Holzschiffe gebaut, die richtig schwimmen“, erzählt der Sechstklässler. Bei einem so großen Projekt wie der Kinderstadt habe er aber bisher noch nicht mitgemacht.

Wie groß das Echo auf das Projekt ist wurde auch deutlich durch den Besuch von Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck. Der Politiker erzählte bei seinem Rundgang, dass er als kleiner Junge im Garten selbst immer etwas zum Hämmern und Nageln gefunden habe. Außerdem hob Platzeck hervor, dass der Ort für diese Ferienveranstaltung gut gewählt sei. Der Schlaatz gehöre immer noch zu den „sozialen Brennpunkten“ der Stadt Potsdam. Umso wichtiger sei es, dass Kinder von hier mit Altersgenossen aus anderen Stadtbezirken zusammen kommen. Eine gemeinsame „Stadt der Kinder“ zu bauen sei eine gute Gelegenheit dafür.

Beim Abschlussfest am 19. August können die kleinen Gebäude dann aus der Nähe betrachtet werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })