zum Hauptinhalt

Landeshauptstadt: Die Saubermacher

Der Subbotnik ist tot – es lebe der Frühjahrsputz! / Bisher 21 Einsätze in der Landeshauptstadt angemeldet

Stand:

Der Potsdamer Frühjahrsputz lebt. Auch wenn seit 2002 in Potsdam kein zentraler Subbotnik mehr stattfindet, so hat sich doch die Zahl kleinerer Einsätze an vielen Plätzen der Stadt vermehrt. „In diesem Jahr liegen uns bereits 21 Anmeldungen vor“, informiert Marlene Zierock. Die Mitarbeiterin der Stadtverwaltung sorgt dafür, dass die Helfer mit Müllsäcken und Handschuhen ausgerüstet, an den Einsatzorten Sammelcontainer aufgestellt werden und Fahrzeuge der STEP den Unrat abtransportieren.

Am Sonnabend war wie in jedem Frühjahr auch der Ortsteil Bornim wieder Einsatzort. Gut 30 Helfer zogen von der großen Wiese neben der Feuerwehr los, um an den Ausfallstraßen, erstmals auch der B 273, und in den angrenzenden Waldstreifen Müll einzusammeln. Eine zweite Gruppe räumte das Außengelände des von der Arbeiterwohlfahrt betriebenen Bürgerhauses auf, pflanzte Gehölze und strich den Zaun. Dort trafen sich die Helfer nach getaner Arbeit mittags dann auch zu einem Grillimbiss.

Bekamen sie es in den 90er Jahren noch mit Autokarossen, ausrangierten Küchen und einmal sogar mit einem gut möblierten Unterschlupf zu tun, den jemand in den Waldhang des Windmühlenberges gebohrt hatte, fallen die Müllfunde inzwischen weitaus weniger voluminös aus. „Dennoch brauchen wir weiter den Frühjahrsputz, um unseren Ortsteil sauber zu halten.“, erklärt Herbert Zschuppe. Er ist Geschäftsführer des Bürgervereins Bornim, der den Einsatz organisiert. Da es hier im Gegensatz zu anderen ländlichen Vororten keinen Ortsbeirat gibt, versteht sich der von Klaus Rietz geleitete Verein auch als Interessenvertreter gegenüber der Stadtverwaltung und sorgt für ein reges Gemeinschaftsleben. So bietet er den Anwohnern der Florastraße, die nunmehr doch für überdimensionierte Straßen- und Parkanlagen hohe Ausbaugebühren zahlen sollen, Beratung an. Wie Zschuppe berichtet, gibt es bei vielen Bornimern auch Unmut über die restriktive Potsdamer Baumschutzordnung, durch die Bauvorhaben behindert werden. „Zwischen der Innenstadt, in der um jeden Baum gekämpft werden muss, und unserem weitläufigen, grünen Ortsteil müsste ein Unterschied gemacht werden“, meint er. Solche Themen sind auch Gesprächsstoff auf den Vereinstreffen, deren Höhepunkt wieder das Herbstfest auf dem Sportplatzgelände sein wird.

Saubermacher waren gestern auch an anderen Orten der Stadt anzutreffen. „Ich kämpfe immer für Ordnung und Sauberkeit“, sagte Sigrid Kisewski, während sie eine leere Zigarettenschachtel mit ihrem grünen Greifer in die Zange nimmt. Zusammen mit zehn Vereinsmitgliedern durchkämmte die stellvertretende Vorsitzende des Vereins Brandenburger Vorstadt am Samstag für etwa drei Stunden das Außengelände des Bahnhofs Park Sanssouci sowie ein Gelände nahe dem Persiusspeicher nach herrenlosem Unrat.

Zwei große orangefarbene Müllcontainer stellte die Stadtverwaltung der ehrenamtlichen Putzkolonne für ihre gestrige Reinigungsaktion zur Verfügung, die grünen Greifer erhielten sie als Leihgabe von der CDU Potsdam. Flaschen, Dosen, Zigarettenschachteln, Bonbonpapiere und sogar ein alter Autoreifen fanden sich am Ende des Vormittags in den gut gefüllten Containern.

„Man fühlt sich nur wohl, wenn nicht nur die eigene Wohnung sauber ist, sondern auch das Umfeld stimmt“, erklärte Kisewski ihre Motivation zum jährlich vom Verein organisierten „Frühjahrsputz“. „Eigentlich sollte sich auch die Stadt mehr um die Sauberkeit kümmern“. Ihr Vereinskollege Klaus Gottschalk plädierte dagegen für mehr Engagement der Potsdamer: „Man kann nicht alles an die Institutionen abschieben, der Bürger muss auch vor der eigenen Haustür kehren“. Mit dem „Frühjahrsputz“, so der Pensionär, wolle der Verein ein Signal an die Bewohner der Brandenburger Vorstadt senden, sich mehr mit dem Stadtteil zu identifizieren und sich um dessen Verschönerung zu kümmern.

Sigrid Kisewski engagiert sich schon seit langer Zeit für die Reinhaltung Potsdams. Vor fünf Jahren setzte sie mit ihrem Verein das Aufstellen von Hundetoiletten durch. Damals, so Kisewski, sei sie sogar zusammen mit Mitarbeitern des Ordnungsamts „auf Streife gegangen“ und habe Hundebesitzer auf die Tütenausgabe zur Entsorgung von Hundekot aufmerksam gemacht. „Die Leute müssen erzogen werden“ sagte sie und wünscht sich ein „härteres Durchgreifen“ gegen Ordnungssünder. „Enttäuscht“ sei sie, sagte Kisewski, dass sich an diesem Tag trotz zahlreicher Aushänge und Ankündigungen in der Zeitung kein Bürger der Putzkolonne des Vereins Brandenburger Vorstadt angeschlossen habe. Trotzdem will sie im nächsten Jahr wieder zum Säubern ausrücken, schließlich mache ihr die Arbeit auch Spaß. Zum Ende des „Frühjahrsputzes“ gab es dann noch einen Überraschungsfund. Kisewski zog aus einem der Gebüsche vor dem Bahnhof eine ungeöffnete Flasche Sekt der Marke Rotkäppchen. „Da hat wohl jemand sein Versteck nicht mehr gefunden“, sagte Gottschalk mit einem Lächeln und gab den Befehl: „Der Sekt kommt zur Verpflegung!“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })