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Landeshauptstadt: Die Sitzenbleiber

SPD-Umfrage: Potsdams Stadtverordnete tagen mit Abstand am längsten

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Potsdams Stadtverordnete werden oft verhöhnt für Mammut-Sitzungen, Endlos-Tagesordnungen und ihre ausgeprägte Debattierlust. Doch jetzt darf es als amtlich gelten: Im deutschlandweiten Vergleich tagen die Potsdamer Stadtverordneten tatsächlich überdurchschnittlich lange. Neun Stunden verbringen die 50 ehrenamtlichen Kommunalpolitiker einmal im Monat gemeinsam im Plenarsaal. Damit dauert ihre Sitzung länger als in 27 anderen deutschen Städten.

Das hat eine Umfrage ergeben, die Potsdams SPD-Fraktion über die Sozialdemokratische Gemeinschaft für Kommunalpolitik durchgeführt hat. Befragt wurden die Fraktionschefs und Geschäftsführer der SPD-Fraktionen in deutschen Städten in Ost und West. Das Ergebnis ist eindeutig: Potsdam nimmt die Spitzenposition ein, nicht nur bei der Sitzungsdauer. Auch die Liste der Tagesordnungspunkte ist in Potsdam mit Abstand die längste. 110 sind es im Durchschnitt – allein Duisburg kann mit 100 Punkten da mithalten. In Rostock und Schwerin beispielsweise stehen jeweils rund 30 Themen auf der Tagesordnung, die Sitzungen dauern nur vier Stunden. In Bonn und Stuttgart tagt der Stadtrat sogar nur zwei Stunden. Auch das „Nachsitzen“, das die Potsdamer Stadtverordneten nahezu regelmäßig praktizieren, weil die Sitzungszeit jeden ersten Mittwoch im Monat von 13 bis 22 Uhr nicht ausreicht, kommt nur in acht der 27 Städte vor.

Für Potsdams SPD-Fraktionschef Mike Schubert sind diese Vergleichsdaten Anlass zu handeln. Mit sieben Maßnahmen will die SPD die Sitzungen des Stadtparlaments verkürzen. Die Vorschläge sollen im Mai in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht werden. Bis zur Kommunalwahl im September werde sich nichts mehr ändern, so Schubert, doch „die neuen Stadtverordneten haben zu Beginn kaum Erfahrungen mit der Geschäftsordnung“. Die „alten“ kennen die Probleme und könnten sie beheben, meint der Fraktionschef. Nutzen soll dies vor allem den Stadtverordneten selbst – denn viele von ihnen müssen ihren Beruf mit dem kommunalpolitischen Ehrenamt vereinen.

Damit die Stadtverordneten künftig weniger „Sitzfleisch“ haben müssen, will die SPD, dass Anträge nicht mehr in die Stadtverordnetenversammlung eingebracht werden. Stattdessen soll nach Beispiel Dresdens der Ältestenrat des Stadtparlaments entscheiden, in welche Fachausschüsse eine Antrag überwiesen wird. Sparertrag: 30 bis 50 Punkte weniger auf der Tagesordnung. Streichen will die SPD den monatlichen Bericht des Oberbürgermeisters. Er soll nur einmal im Jahr stattfinden, stattdessen sollen die Fraktionen eine Aktuelle Stunde beantragen können. Zeitersparnis könnte auch eine weitere Begrenzung der Redezeiten bringen: Zehn Minuten pro Fraktion und Tagesordnungspunkt, und nur ein Redebeitrag pro Stadtverordneten und Tagesordnungspunkt. Das „Nachsitzen“ soll es nach Willen der SPD nicht mehr geben. Was nicht geschafft wird, muss bis zur nächsten Sitzung warten. Damit die Stadtverordnetenversammlung statt um 13 Uhr erst um 16 Uhr beginnen kann, soll außerdem die Fragestunde vor dem „offiziellen“ Start stattfinden.

Damit die Änderungen wirksam werden, müsste eine Mehrheit der Stadtverordneten ihnen zustimmen. Auf die Debatten darüber – und ihre Länge – darf man gespannt sein.

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