Landeshauptstadt: Die Spaßmacherin
Sabine Colditz schätzt an ihrer Chefin, der FH-Rektorin Helene Kleine, ihr Stehvermögen
Stand:
Wie trinkt Ihre Chefin ihren Kaffee?
Gar nicht. Sie trinkt ausschließlich grünen Tee und den macht sie sich meist selbst.
Was für eine Art Chefin ist sie?
Situationsbedingt autoritär und kommunikativ. Man kann mit ihr reden und manchmal akzeptiert sie keinen Widerspruch. Sie kann extrem was wegschaffen, arbeiten bis zum Umfallen. Ihre Wochen haben zuweilen 70 Arbeitsstunden und mehr.
Wie bedankt Sie sich bei Ihnen für besondere Einsätze, zum Beispiel Überstunden?
Sie sagt dann nur: Wenn ich Sie nicht hätte und manchmal bedankt Sie sich auch.
Charakterisieren Sie sie als Mensch.
An Stellen, wo sich andere aus der Verantwortung gezogen haben, hat Helene Kleine nicht gekniffen. Sie ist ein Mensch, der sich der Verantwortung stellt. Dabei beweist sie unglaubliches Stehvermögen. Sie kämpft als Frau: Mit Diplomatie, Geschick und Hartnäckigkeit bringt sie ihr Gegenüber zur Raison. Ihre Mittel sind nicht Schwerter und Lanzen.
Woran erkennen Sie, dass sie schlechte Laune hat?
Ihr Gesicht spricht Bände.
Duzen oder siezen Sie ihre Chefin?
Wir siezen uns.
Skizzieren Sie einmal kurz Ihr Arbeitsfeld. Was fällt alles in ihren Aufgabenbereich?
Zu meinen Aufgaben gehören: Betreuung der Gäste der Geschäftsführung, Schriftverkehr, Post, Organisation von Beratungen, Internetrecherche und E-Mail-Korrespondenz, Terminplanung.
Wie viele Anrufe bekommen Sie täglich?
So zwischen 20 und 25 am Tag.
Welche berühmten Persönlichkeiten hatten Sie schon in der Leitung?
Alt-Ministerpräsident Manfred Stolpe. Matthias Platzeck, Wissenschaftsministerin Johanna Wanka, Staatssekretäre, Wolfgang Joop. Und auch Hertha-Manager Dieter Hoeneß.
Was muss ein Anrufer auf dem Herzen haben, damit Sie sofort zur Chefin durchstellen?
Bei uns wird fast jeder durchgestellt – wenn er vorher ein Stichwort sagt.
Wann wimmeln Sie einen Anrufer ab?
Das mache ich nur, wenn es Verkaufsgespräche sind, also zum Beispiel Vertreter, die uns Büromaterial, Versicherungen oder Bücher verkaufen wollen. Auch Bewerber um ausgeschriebene Stellen weise ich freundlich darauf hin, dass sie sich gedulden müssen. Personalentscheidungen laufen immer nach einem bestimmten Prozedere ab und zum Beispiel Professorenberufungsverfahren ziehen sich immer über einen längeren Zeitraum hin.
Sie sind ja eine Art Schaltzentrale. Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, mit welchen Anliegen Sie ihre Chefin behelligen und mit welchen nicht?
Ich versuche im Vorfeld das Anliegen des Anrufers stichwortartig zu erfragen, manchmal ist es dann nicht mehr erforderlich, persönlich mit der Chefin zu verbinden. Oft kommt es vor, dass sich Bewerber um eine ausgeschriebene Stelle im persönlichen Gespräch mit Frau Kleine profilieren wollen und sich dadurch kleine Vorteile erhoffen, dies versuche ich zu unterbinden. Hingegen bekommen unsere Studenten fast immer einen Gesprächstermin bei der Rektorin, wenn es die Zeit erlaubt. Die sind schließlich unser täglich Brot und wir Hochschulmitarbeiter sind Dienstleister auf diesem Sektor.
Was sagen Sie, wenn die Chefin „für niemanden zu sprechen ist“?
Dann sage ich das auch so, aber auch gleich mit dazu, wann sie wieder zu sprechen wäre, oder ich biete einen Rückruf an.
Welcher war der ungewöhnlichste Wunsch, der über Sie an ihre Chefin herangetragen wurde?
Hertha-Manager Dieter Hoeneß hat hier einmal angerufen und wollte einen Design-Studienplatz für die Freundin eines Spielers sichern. Das war allerdings noch in der Amtszeit des Gründungsrektors Prof. Helmut Knüppel. Den Studienplatz hat er übrigens nicht bekommen. Auch für die Freundin eines Hertha-Spielers gelten eben die gleichen Bedingungen wie für alle anderen Bewerber.
In welchem Fall wäre ihre Chefin ohne Sie verloren?
Wenn sie mir eine Rede diktiert hat und ich werde mit dem Schreiben nicht rechtzeitig fertig – aber das ist noch nicht vorgekommen.
Wie oft und in welchen Fällen fragt sie Sie nach ihrer Meinung? Nimmt ihre Chefin Kritik von Ihnen an?
Meine Meinung sage ich ihr nur in Vier-Augen-Gesprächen, aber ich kritisiere sie nicht.
In welcher Situation braucht sie Ihren Trost?
Wenn sie sich nicht wohl fühlt oder angespannt ist, braucht sie ein offenes Ohr. Ich bin aber nicht der Tröster. Im Gegenteil: Ich sorge dafür, dass sie mindestens zweimal am Tag lacht.
Kennen Sie den Hochzeitstag ihrer Chefin?
Sie ist nicht verheiratet.
Haben Sie beim Vorstellungsgespräch gleich gemerkt, dass die Chemie zwischen ihnen stimmt?
Sie ist mein zweiter Chef und der erste war zum Glück beim Vorstellungsgespräch nicht da. So wie ich aussah, an dem Tag, hätte er mich womöglich nicht genommen.
Mussten Sie in Ihrem Arbeitsvertrag unterschreiben, dass Sie nichts von dem nach außen tragen, was Sie an Geheimnissen in Ihrem Büro erfahren?
Das steht – glaube ich – nicht im Arbeitsvertrag, aber selbstverständlich hat man darüber zu schweigen.
Ist die Bezeichnung Sekretärin eigentlich noch zeitgemäß oder wie würden Sie Ihren Job bezeichnen?
Die Sekretärin ist für die drei „Ts“ zuständig: Telefon, Termine, Tippen. Meine Arbeit umfasst weitaus mehr und ich bin zum Beispiel auch in Entscheidungsprozesse mit eingebunden und sehe mich als Multiplikator für die Studenten, Lehrenden und meine Kollegen aus der Hochschulverwaltung. Darum trifft die Bezeichnung „Assistentin der Hochschulleitung“ exakt mein Berufsbild.
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