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Links und rechts der Langen Brücke: Die Stadt kann uns mal

Guido Berg sieht mit der Evaluation der freien Kulturträger keine Zensur am Werk – doch das Ringen um einen Kulturkonsens steht noch aus

Stand:

Von Kulturzensur kann bei einer Kulturevaluation nicht die Rede sein. Die Stadt verbietet Kunst ja nicht, sie hat nur weniger Geld zu verteilen und will nicht mit der Rasenmähermethode streichen, sondern mit Sinn und Verstand schwerpunktmäßig fördern – auf der Basis erhobenen Wissens. Wem das nicht gefällt, der kann ohne weiteres sagen, „Die Stadt kann uns mal “ und Kultur auch ohne öffentliche Gelder zu Wege bringen. Das kann sehr erfrischend sein. Subkultur im regen Austausch mit dem Kulturamt – das beißt sich nun wirklich. Allerdings liegt mit dem Bericht des Evaluationsteams um Prof. Hermann Voesgen überhaupt gar keine Kulturevaluation vor. Prof. Voesgen bestreitet dies auch gar nicht, er betont sogar, dass die kulturelle Qualität der einzelnen Angebote gar nicht bewertet wurden. Vielmehr habe er sich die Selbstdarstellung der Kulturträger angehört und die Plausibilität dieser Darlegungen eingeschätzt. Sehr klug nimmt der Leiter des Studiengangs Kulturarbeit der Fachhochschule Potsdam seine eigene Position bei der Bewertung in die Kritik. „Objektivität ist die Illusion, dass Beobachtungen ohne einen Beobachter gemacht werden können“, zitiert er in seinen Vorbemerkungen Heinz von Foerster. Allgemein gültig könne nicht gesagt werden, ob eine Einrichtung gut oder weniger gut ist. Es gebe gar keinen übergreifenden Konsens in der Stadt, welche Kultureinrichtungen wichtig sind und welche nicht. Diese Selbsteinschränkungen des Evaluationsteams im Ohr muss gesagt werden, dass auf der Basis des Evaluationsberichtes gar keine Entscheidung für oder gegen eine Förderung getroffen werden kann. Mit dem Voesgen-Bericht ist die Arbeit nicht getan, sondern deren Ausmaß erst beschrieben, deren Aufgabe überhaupt erst gestellt. Natürlich muss die städtische Gesellschaft Potsdams, vermittelt durch seine Stadtverordneten, einen Konsens darüber erarbeiten, was sie kulturell in Potsdam gestärkt sehen will und was nicht. Es besteht die Gefahr, dass diese Debatte – profan gesagt, viel Theater, wenig Bildhauerei/Malerei oder umgekehrt – mit Verweis auf den Voesgen-Bericht unterbleibt. Wenn das Kulturamt im Herbst die Förderschwerpunkte für 2007 vorstellt, wird sehr darauf zu achten sein, ob Prof. Voesgen als Legitimation für ein Förder-Absage herhalten muss.

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