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Landeshauptstadt: Die Suche nach der verlorenen Stadt

Emotionalität beim Wiederaufbau: Drei Beispiele aus Nürnberg, Dresden und Frankfurt (Main) bei Veranstaltung im Alten Rathaus

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Potsdam demonstriert es: Der Wiederaufbau historischer Innenstädte ist eine emotionale Sache. Tröstlich: Potsdam steht nicht allein. Das zeigten am Sonntagnachmittag Referenten aus Nürnberg, Dresden und Frankfurt (Main). Der Verein „Stadtbild Deutschland“ und die Bürgerinitiative „Mitteschön“ sowie der Potsdamer Stadtschlossverein hatten eingeladen, und es waren so viele Zuhörer gekommen, dass der kleine Vortragssaal im Alten Rathaus vor Menschen und gestauter Luft zu bersten drohte.

Zunächst berichtete Michael Metzner von den „Altstadtfreunden“ in Nürnberg über ein Projekt, das der im Zweiten Weltkrieg heftig zerstörten, und in den fünfziger Jahren nur annähernd historisch wieder aufgebauten Stadt ein „Renaissance-Wunder“ zurückgeben soll: den Hof des Pellerhauses. Es handelt sich um ein brillantes Beispiel deutscher Spätrenaissance – das soll es nach erfolgreichem Kampf auch wieder werden. Für die Wiederherstellung des Prunkhofs mit Arkadenfassaden und Erkern hatten 92 Prozent der Bürger votiert. Danach hatte sich dann „plötzlich“ auch die politische Stimmung verändert: Fast einstimmig rutschte das Projekt durch das Nürnberger Stadtparlament. In einem Jahr hat der Verein schon eine Million Euro Spenden gesammelt – Metzner lobte die Lokalpresse, die die Sensibilität für das Projekt gestärkt habe. Minutiöse Pläne ermöglichen die genaue Rekonstruktion des Hofes, der das Nürnberger Renaissance-Flair beleben wird.

Nicht ganz so glücklich verlaufen in Dresden die Wiederaufbaupläne des an die Frauenkirche angrenzenden Neumarkts – auch weil lediglich anhand historischer Zeichnungen und alter Fotos nachgebaut werden kann. Und es gibt andere Widerstände, die Stefan Herzig von der Gesellschaft „Historischer Neumarkt Dresden“ darlegte. Vor allem sind es wohl zeitgenössische Architekten, die einer Rekonstruktion im Wege stehen. Die Dresdner Stadtplanung hat zudem 20 Häuser, die schon in der DDR zum Wiederaufbau bestimmt wurden, auf höchstens 15 reduziert. Herzig kann zwar auch auf gelungen Beispiele der Alstadtrekonstruktion verweisen, echauffiert sich andererseits beim Anblick der Dächerlandschaft rund um die Frauenkirche über technische Aufbauten und Dachkonstruktionen, die nichts vom früheren Glanz des Elbflorenz erahnen lassen.

Die beiden Vertreter der Altstadtfraktionen wirkten besonnen, und gerade im teils verunstalteten Dresden lässt sich die Sehnsucht nach Ursprünglichkeit vielleicht nachvollziehen. Der Vortrag von Dominik Mangelmann aus Frankfurt (Main) kam derweil weitgehend polemisch daher. Mangelmann hat vor, das Areal, das derzeit vom hässlichen Bau des „Technischen Rathauses“ okkupiert wird, samt und sonders mit anheimelnden Fachwerkbauten zu besetzen und so die historischen Gassenfluchten zurückzuholen. Trotz seiner Schnellschüsse gegen moderne Architekten, die nichts von ihrer Arbeit verstünden, fand er mit seiner „Ehrlichkeit“, die keine Modernität hinter alten Fassaden duldet, weitgehend die Zustimmung des Publikums.

Eigentlich sollte es doch – bei aller Trauer um verlorene Stadtkultur – vor allem um Qualität beim Städtebau gehen. Ob sie in zeitgenössischem oder historischem Gewand daherkommt, sollte man Wettbewerben überlassen und Menschen, die die Werte der verlorenen geglaubter Stadtidyllen, aber auch die Bedingungen moderner Stadtgestaltung kennen. Nicht nur Potsdam zeigt: ein weites, überaus emotionales Feld.

Lore Bardens

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