Aus dem GERICHTSSAAL: „Die suchen einen Sündenbock!“ Angeklagter weist die Verantwortung von sich
„Mein Mandant soll als Bauernopfer herhalten“, erklärte der Verteidiger zum gestrigen Prozessauftakt. Und auch Martin M.
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„Mein Mandant soll als Bauernopfer herhalten“, erklärte der Verteidiger zum gestrigen Prozessauftakt. Und auch Martin M.* (24) war sich sicher: „Die suchen einen Sündenbock.“ Die – das sind aus der Sicht des jungen Straßenbaufacharbeiters Verantwortliche seines ehemaligen Betriebes. Als Martin M. im Sommer 2005 mit einigen Kollegen den Gehweg in der Newton-/Ecke Galileistraße mit neuen Platten versah, soll er auch für die Sicherung der Baustelle verantwortlich gewesen sein. Laut Anklage sei das Terrain allerdings am 4. August nicht ordentlich abgesperrt gewesen, so dass eine Passantin schwer stürzte und sich eine schmerzhafte Knieverletzung zuzog, die sie zu einem 13-tägigen Krankenhausaufenthalt verdammte.
Jetzt saß Martin M. wegen fahrlässiger Körperverletzung auf der Anklagebank des Amtsgerichts. „Ich hatte keinen speziellen Auftrag, mich um die Absperrung der Baustelle, die Stück für Stück weiter rückte, zu kümmern. Für die Sicherheit dort war der Bauleiter verantwortlich“, betonte der Potsdamer. Aus seiner Erinnerung sei das betreffende Gebiet mit handelsüblichen Bauzaunfeldern, die von einer Fremdfirma kamen, eingegrenzt gewesen, bis auf eine kleine Lücke, um dem Radlader-Fahrer Platz zum Antransport des benötigten Materials zu schaffen. „Die verunglückte Frau muss direkt durch die Entladezone gelaufen sein“, glaubte der inzwischen Selbstständige. „Wenn wir in unserem Container Pause machten oder Feierabend hatten, haben wir diese Lücke immer mit einem Zaunelement geschlossen.“
„Martin M. war unser Ansprechpartner auf der Baustelle, falls es mal Probleme im technischen Ablauf gab. Er hatte schließlich die entsprechende Qualifikation“, berichtete Jens J.* (45). Der gelernte Grünflächenarbeiter half damals kurzzeitig beim Verlegen der Platten aus. „Für alle weiteren Fragen war der Bauleiter zuständig. Der war ja jeden Tag da.“ Auch Oliver O.* (27), ein weiterer ehemaliger Kollege des Angeklagten, war sich sicher: „Der Bauleiter hatte den Hut auf. Ich denke, der war auch für die richtige Absicherung verantwortlich.“ An dem bewussten Augusttag habe er einen Knall gehört. „Ich schaute hoch. Da lag die Frau auf den Knien am Erdboden. Die muss schnurstracks durch das offene Zaunfeld marschiert sein“, erzählte der Zeuge. „Einen Stellvertreter gab es nicht, wenn der Bauleiter mal nicht da war. Wir haben ja gewusst, was wir machen müssen“, betonte Bauhelfer Josef J.* (45). Allerdings sei niemand extra benannt worden, auf die komplette Umzäunung der Baustelle zu achten. Gerade darum gehe es aber, konstatierte Amtsrichter Wolfgang Peters und beraumte für den 12. Februar einen weiteren Verhandlungstag an. Zu diesem sollen der vielzitierte Bauleiter sowie der Ex-Kollege geladen werden, der Martin M. laut Aktenlage für die Sicherung der Baustelle verantwortlich machte (*Namen geändert). Hoga
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