Landeshauptstadt: Die Umsonstladen-Gründer
Junge Potsdamer suchen Raum für Geschäft, in dem Sachen kostenlos getauscht und mitgenommen werden
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Ein Laden, in dem Menschen ihren vor sich hin staubenden Alt-Computer kostenlos abgeben können. Und dafür vielleicht eine alte Kommode mitnehmen. Oder einfach einen schönen Kochlöffel. Oder gar nichts. So könnte der Alltag in dem unkonventionellen Geschäft aussehen, das Matthias Kalkuhl, Steffi Michling und vier andere junge Potsdamer eröffnen wollen. Möglichst in Nähe der Innenstadt wünscht sich die Gruppe im Alter von 20 bis 25 Jahren ihren so genannten Umsonstladen – es wäre aktuell der einzige seiner Art in Potsdam.
Das Konzept eines Umsonstladens ist einfach: Wer will, bringt mit, was er nicht mehr benötigt, egal ob Kleidung, Spielzeug oder anderes. Wer davon etwas braucht, nimmt sich die Ware einfach, ein Gegenwert ist nicht nötig: Tausch auf freiwilliger Basis. Ein ähnlicher Laden existierte früher in Potsdam-West, vergleichbare Geschäfte gibt es in Berlin, aber auch in Greifswald und anderen Städten. Zur Probe hat die Potsdamer Umsonstladen-Gruppe in diesem Jahr zwei Umtausch-Nachmittag im Café Olga in der Charlottenstraße organisiert. „Die Resonanz war super, wir haben mehr Sachen bekommen, als mitgenommen worden sind“, sagt Matthias. Der Überschuss musste eingelagert werden.
Seit diesen Erfahrungen trifft sich die Gruppe regelmäßig, weil noch ein fester Raum gesucht wird. „Er sollte möglichst wenig kosten“, sagt Steffi. Je nach Modell finanzieren sich Umsonstläden über Spenden und ehrenamtliche Arbeit. Die Potsdamer haben für ihre Idee zudem Fördergeld bei der EU beantragt.
Die Idee Umsonstladen hat einen wenig systemkonformen Hintergrund: Es geht um Kapitalismuskritik, erklären die jungen Leute. In einer Überschussgesellschaft, in der sich neue Waren ständig kaufen ließen, würden Dinge wie etwa ein Computer schnell an Geldwert verlieren – obwohl sie immer noch funktionierten. „Wir möchten, dass stärker ein Bewusstsein für den Wert von Dingen an sich entsteht, jenseits vom Geldkreislauf.“ Geld könne nicht das Maß aller Dinge sein, ist sich die Gruppe sicher. Vor diesem Hintergrund geben sie dem Akt des Verschenkens von Sachen ein großes Gewicht: Wo niemand profitieren oder verlieren kann, werde mehr Vertrauen in zwischenmenschliche Beziehungen kommen, glauben die junge Leute. Zudem gäbe es die ökologische Perspektive, nicht einfach alles wegzuwerfen. Christian sagt: „Mit so einem Laden wird die Produktion nicht mehr unterstützt, das ist praktische Konsumkritik.“ H. Kramer
Weitere Informationen unter Tel.: (0331) 58 57 669
H. Kramer
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