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Matthies meint: Die Wahrheit über Weihnachten

Machen wir uns nichts vor: Das Weihnachtsfest steckt in der Krise. Es gilt als interkulturell untragbar, scheitert seit Jahren immer wieder an seiner Hauptaufgabe, dem notleidenden Handel Wachstumsimpulse zu geben, und fördert Diabetes und Fettsucht.

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Machen wir uns nichts vor: Das Weihnachtsfest steckt in der Krise. Es gilt als interkulturell untragbar, scheitert seit Jahren immer wieder an seiner Hauptaufgabe, dem notleidenden Handel Wachstumsimpulse zu geben, und fördert Diabetes und Fettsucht. Zu seinen weiteren gefährlichen Begleiterscheinungen gehören Spielzeug (krebserregende Stoffe), Schneespray (krebserregende Stoffe), Lichterketten (Brand- und Verbrennungsgefahr), Zimtsterne (leberschädigendes Cumarin) und natürlich die Adventskalender, in denen Schokolade mit aromatischen Mineralölen auf den Genießer wartet.

Am heutigen 1. Dezember, so will es der Brauch, wird das erste Fenster geöffnet und setzt damit den üblichen Mechanismus in Gang, der uns zunächst zum Nikolaustag (Stolpergefahr wegen Schuhen an der Tür) führt, dann weiter zu den Adventssonntagen mit ihren Weihnachtsmärkten (Gefahr durch den irren K.-o.-Tropfen-Mann) und schließlich zum Fest, das nur die Glücklichsten unter uns noch unversehrt erreichen, allerdings auch mit leichtem Ohrensausen wegen der ständigen Musikberieselung.

Darin läge ein Gegenmittel versteckt. Singen wir ein christliches Lied, dem entfesselten Kommerzkapitalismus zum Trotze, zwei,- drei-, vierstimmig! Ach, das nützt nichts mehr, denn die Mehrheit der Deutschen hat das weihnachtliche Singen aufgegeben. 60 Prozent singen selbst nicht mehr, sondern trällern nach einer aktuellen Umfrage allenfalls noch mit, vorzugsweise, wenn akustische Umweltgifte wie „Last Christmas“ aus dem Radio quellen. Menschen mit mittlerem Einkommen singen noch überdurchschnittlich häufig, während die Reichen und die Armen lieber Hausmusik machen – oder wohl eher den entsprechenden Bemühungen ihrer Kinder zuhören.

Es hilft also nichts: Der aktive Weihnachter, versiert im Umgang mit Schnitzmesser und Blockflöte, wie er in Deutschland im 19. Jahrhundert aufkam, ist längst durch den passiven ersetzt worden, der sich von der Industrie durch die Shoppingmalls treiben lässt, unfähig, sein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Stumm rafft er Handys, Flachbildfernseher, Digitalkameras und Tablets, bis die Kreditkarte verglüht, und wirft sich hyperventilierend Zimtstern um Zimtstern ein.

Insofern erscheint der Mann mit den K.-o.-Tropfen in einem neuen Licht. Er will uns helfen, dies alles träumend zu vergessen. Einfach durchschlafen, am besten bis Anfang Januar

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